Karben. Die erste Sitzung des Parlaments in der neuen Wahlperiode ist keine vier Minuten alt, da schlagen die Wogen das erste Mal hoch. Gerade hat Alterspräsident Gerhard Christian (CDU) zur Wahl der Stadtverordnetenvorsteherin aufgerufen und CDU-Fraktionschef Mario Beck seine Parteifreundin Ingrid Lenz zur Wiederwahl vorgeschlagen. Da meldet sich die Opposition zu Wort.
Die Grünen wollten sich bei der Wahl enthalten, da Ingrid Lenz in den vergangenen fünf Jahren eine konsequentere Führung und mehr Objektivität hätte bieten können, findet Fraktionschef Mario Schäfer. „Wir vermissen Gleichbehandlung“, haut SPD-Fraktionschef Thomas Görlich in die gleiche Kerbe. Dass die Opposition erst jetzt damit komme, kritisiert Mario Beck – in den Vorgesprächen sei dazu kein Wort gefallen. Es sei parlamentarischer Brauch, dass die stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht habe. Ingrid Lenz nicht zu wählen, sei „das falsche Zeichen für die Wahlperiode“.
Allerdings: Weder die Enthaltungen von SPD und Grünen noch die Gegenstimme der neuen Linken-Abgeordneten Alexandra Hinkel verhindern die Personalie. Mit ihrer Drei-Stimmen-Mehrheit setzt sich die Koalition aus CDU, FW und FDP durch.
Bei dem Tagesordnungspunkt Feststellung der Rechtmäßigkeit der Kommunalwahl meldete die Opposition Zweifeln an. „Es gab einige Aktionen im Wahlkampf, die bedenkenswert sind“, äußert sich SPD-Fraktionschef Görlich erneut. „Der Bürgermeister muss seiner Neutralitätspflicht nachkommen“, ergänzt SPD-Fraktionsvize Jochen Schmitt. „Da gibt es entsprechende Gerichtsbeschlüsse.“ Auch dass Rahn am Wahltag in Wahllokalen Wähler begrüßt habe, sei nicht in Ordnung, kritisiert Görlich.
„Das ist sehr kleinkariert“, gibt Rahn zurück. Es sei üblich, dass hauptamtliche Magistratsvertreter in den Wahllokalen prüften, ob technisch alles richtig laufe. „Merkwürdig, wenn sie mir vorwerfen, dass ich dort Bürger begrüße, die ich kenne.“ Angesichts der Wahlschlappe rät CDU-Fraktionschef Mario Beck den Genossen zu überlegen, „dass der Bürger ein Mindestmaß an Niveau erwartet“. Als Jochen Schmitt nochmals nachlegt, provoziert er Zwischenrufe von CDU, FW und FDP: „Klagen Sie doch!“ Das aber will die SPD nicht.
Das gegenseitige Beharken prägt die mehr als zweieinhalbstündige Sitzung mit ihrem Wahlmarathon. In diverse Gremien entsenden die Parlamentarier ihre Vertreter. Und dabei lässt die Koalition ihre Muskeln spielen: Dreimal blockt sie es ab, dass die Opposition ihre „wirtschaftlich oder technisch besonders erfahrenen Personen“ in Aufsichtsgremien von Eigenbetrieben entsenden kann. „Aber den gemeinsamen Wahlvorschlag hatten wir vorher besprochen“, erinnert SPD-Fraktionsvize Schmitt. CDU-Fraktionschef Beck lässt ihn abblitzen: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.“ Zu den ausgebremsten Kandidaten gehört auch Hans-Jürgen Kuhl (SPD), der wieder in die Betriebskommission der Stadtwerke wollte. Er kann sich mit einer Grünen-Stimme zum neuen Ortsvorsteher in Groß-Karben wählen lassen. Auf den Posten aber erhebt die CDU als Wahlsiegerin Anspruch.
Nur noch einen statt zuletzt zwei Stadträte stellt die SPD in Karben. Das ist das Ergebnis der Wahl im Parlament. Matthias Flor wird als einziger die Genossen in den kommenden fünf Jahren im Magistrat vertreten. Auf einer gemeinsamen Liste mit den Grünen schaffte die parteilose Tina Rodriguez als Kandidatin der Öko-Partei als Zweite den Sprung in die Stadtregierung. Im komplizierten Verhältniswahlverfahren verhalfen die Stadtverordneten außerdem Otmar Stein, Jürgen Hintz und Philipp von Leonhardi (alle CDU) sowie Michael Ottens (FW) in den Magistrat. Sie alle arbeiten ehrenamtlich und sollen auch wieder eigene Zuständigkeiten erhalten, erklärt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Er ist der einzige hauptamtliche Politiker in der Regierung.
Worum sich Flor und Rodriguez kümmern, sei noch nicht klar, sagt Rahn – ebenso wenig die Frage, wer Vizebürgermeister wird. Ottens ist für die Stadtwerke zuständig, Stein für Wirtschaftsförderung, von Leonhardi für Kultur und Integration. Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (CDU) verpflichtete und vereidigte die sechs Stadträte, Rahn übergab ihnen die Ernennungsurkunden. (den)
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