Bad Vilbel. Mit einem Patt endete im Ortsbeirat Kernstadt die über zwei Stunden andauernde Diskussion über eine Änderung des Bebauungsplans »Im Schleid«, wo Investor Dietmar Bücher bereits Häuser stehen hat und weitere gerade gebaut werden. Hoffnung schöpfen können die bereits dort wohnenden Menschen indes nur wenig.
Von ihren politischen Vertretern und der Stadt im Stich gelassen fühlen sich die Bewohner der Bücher-Häuser nördlich der Nordumgehung im Quellenpark. Im Ortsbeirat schilderten sie ihre Situation, fürchten, dass sich die Investition in ihre neuen Wohnungen als Fehlschlag herausstellen könnte.
Weil bereits aufgrund der vorliegenden 218 Seiten an Einwendungen in hoher Diskussionsbedarf abzusehen war, durften die Bürger direkt zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort kommen.
Es sind Menschen wie Eike Sippel und Saskia Strasser, die ihre Wohnungen zwischen 2015 und 2017 gekauft haben. Immer sei ihnen von den Verkäufern versprochen worden, dass zwischen ihren Wohnungen und der Bahn noch eine sieben Meter hohe Schallschutzwand errichtet werden soll. Die war auch in der zweiten Änderung des Bebauungsplanes mit Rechtskraft im April 2015 klar festgelegt. Allerdings liegt hier wie so oft die Tücke im Detail. Denn auf der gleichen Seite heißt es, dass der erforderliche Schallschutz abweichend von übrigen Festsetzungen auch durch andere aktive und passive Bauten des Investors erfolgen kann.
»BEDAUERLICH«
Die Bahn wird noch eine Lärmschutzwand errichten, aber nur mit einer Höhe von 3,50 Metern. Von Bücher soll es nun stattdessen einen Querriegelbau geben, der zur Bahn hin nur Funktionsräume aufweisen darf. Wohn- und Schlafräume sind nach Westen hin auszurichten. Zudem hat er weitere Auflagen nach Auskunft von Stefanie Horn von der Planungsgruppe ROB durch passiven Schallschutz an den Gebäuden selbst erfüllt.
»Das Gebiet wird durch den Riegelbau mehr Schallschutz erhalten, auch wenn Teile des Wohngebiets nicht drin sein werden«, sagte Wysocki. Das sei bedauerlich, doch jetzt gegen den neuen Plan zu stimmen, bringe den Anwohnern gar nichts. Denn der Querbau geht nicht über die gesamte Länge des Baugebiets, wie dies für die Schallschutzwand vorgesehen war. Im Norden gibt es bereits Parkplätze, die an Anwohner verkauft wurden. Im südlichen Bereich liegen zahlreiche Leitungen verschiedener Versorger, die nicht überbaut werden dürfen. Das Ergebnis: Bahnlärm dringt durch diese Lücken weit in das Baugebiet hinein, zumal es dort Wohnungen gibt, die nicht nur Funktionsräume an der Bahnseite haben. Ein Anwohner hat 71 Dezibel einer S-Bahn bei gekipptem Fenster gemessen.
Die nächtlichen Güterzüge indes sind noch viel lauter. Das etwa führe dazu, dass die Kinder von Anwohnerin Saskia Strasser nun schon um weitere Nachbarschaftstreffen zur Formierung des Protests bitten, in der Hoffnung, nachts nicht mehr von den Zügen geweckt zu werden.
Nicht nur der Umweltbericht zur dritten Änderung weist durch den Wegfall der Sieben-Meter-Wand erhebliche Auswirkungen für die Anwohner durch Lärm und Erschütterungen aus. Auch Schallgutachter Reinhard Ziegelmeyer räumte ein, dass die Wahrnehmung des Lärmpegels deutlich höher liege, als dies seine Berechnungen ergäben. Grund dafür seien kumulierte Schallpegel, etwa auch durch die benachbarten Gewerbeansiedlungen, die durch die gesetzlichen Vorgaben aber nicht aufaddiert, sondern jeweils separat betrachtet werden müssten.
Stadtrat Wysocki zeigt Verständnis für die Sorgen der Bürger. In Gesprächen sei auch schon so manches erreicht worden. Doch liege es nicht mehr an der Stadt, eine durchgehende Lärmschutzwand zu verlangen, da Investor Bücher seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Ein Anwohner hielt dagegen: »Wir müssen davon ausgehen, dass die Stadt für ihre Bürger kämpft«, sagte er. Bücher verdiene gutes Geld, zumal er durch die jetzige Planänderung 30 Wohnungen mehr verkaufen könne und die Verkaufspreise auch erheblich angezogen haben.
Das greift Ralph Mallmann von den Grünen auf und beantragt, dass die Angelegenheit vertagt werden soll. Solange, bis die Stadt in Gesprächen mit Bücher eine verträgliche Lösung gefunden habe. Durch das dann bei der Abstimmung erfolgte »Vier zu vier«-Ergebnis gibt der Ortsbeirat keine Empfehlung für die Sitzung des Stadtparlamentes ab.