Bad Vilbel. Elf Jahre Bürgeraktive, drei Jahre B3-Familienzentrum. Jetzt hat Eva Raboldt die evangelische Christuskirchengemeinde verlassen, um die Landesselbsthilfekontaktstelle Hessen aufzubauen. Auf ihre Zeit in Bad Vilbel blickt sie äußerst positiv zurück.
»Niemals geht man so ganz« sang Trude Herr bereits 1987. Ob die Münchnerin Eva Raboldt viel mit der kölschen Mundart anfangen kann, sei dahingestellt. Fakt ist: Sie hat das B3-Familienzentrum der Christuskirchengemeinde Ende Januar verlassen. »Aber ich bin ja nicht aus der Welt. Im Chor von Thorsten Mebus werde ich auf jeden Fall bleiben«, sagt sie und lacht. Eva Raboldt und Bad Vilbel. Das passt einfach zusammen. Die 55-Jährige hat in der Quellenstadt nicht nur ihre berufliches Zuhause gefunden, ist seit 18 Jahren in der Kirchengemeinde aktiv. »Vor allem der Gospeltrain ist meine große Leidenschaft.«
Beruflich verschlägt es Eva Raboldt Anfang 2010 nach Bad Vilbel – zur Selbsthilfekontaktstelle Bürgeraktive. Ursprünglich kommt sie aus der Politikwissenschaft, arbeitet danach in der Entwicklungshilfe und Bildungsarbeit in Frankfurt. »Aber mit kleinen Kindern ist Vollzeit und Pendeln nicht einfach«, erinnert sie sich. »Deshalb hat es bei der Bürgeraktive auch so gut gepasst.«
Raboldt blickt zurück. Das Haus der Begegnung am Marktplatz war gerade frisch eröffnet worden. »Das war natürlich eine super spannende Zeit.« Nachbarschaftshilfe, Bürgeraktive, Haus der Begegnung, Familienbüro, Seniorenbüro. Alle hätten Hand in Hand gearbeitet. »Ulrike Zenker war die treibende Kraft. Es hat sehr viel Spaß gemacht.« Raboldt kommt ins Schwärmen. »Der Lauf gegen Depression beim Quellen-Halbmarathon war eine schöne Sache.« Aber auch die große Interview-Reihe mit Veranstaltungen im Haus der Begegnung sei ihr im Gedächtnis geblieben: »Spannende Themen und spannende Persönlichkeiten.« Raboldt erinnert sich: »Bei Dennis Di Rienzo war der Raum komplett gefüllt.«
Kontakte zu vielen
Vereinen
Während ihrer Zeit bei der Selbsthilfekontaktstelle schreibt Raboldt das Konzept für die Landesselbsthilfekontaktstelle Hessen – dann kommt die Corona-Pandemie. »Es war schnell klar, dass das Projekt hinten ansteht, weil die Gelder nicht mehr zur Verfügung stehen.« Die Landesstelle wird finanziell getragen vom Gesamtkrankenkassenverband Hessen und dem Land Hessen. Das Problem: »Ich hatte mich vom Kopf her auf etwas Neues vorbereitet«, sagt Raboldt. Dann spricht sie Chorleiter Mebus an. »Er meinte, ich könne mich doch fürs Familienzentrum bewerben.« Gesagt, getan. Raboldt übernimmt die Leitung des B3-Familienzentrums der evangelischen Christuskirchengemeinde mit dem Ziel, es im Quellenpark zu etablieren. »Dabei haben mir natürlich meine Kontakte zu vielen Vereinen und Institutionen sehr weitergeholfen.« Es sei nicht einfach, eine Plattform für Begegnung zu schaffen, in einem Viertel, das zwar zur Kernstadt gehöre, aber wegen der Bahnlinie stark abgeschnitten ist. »Das geht nur mit vielen engagierten Helferinnen und Helfern. Einmal im Monat steigt beispielsweise das Samstagsdinner, da kommen Alt- und Neu-Vilbeler von 20 bis über 80 Jahren zusammen.« Es sei gelungen, mehrere Begegnungstreffs zu etablieren. »Auch wenn die fehlende Nahverkehrsbindung wegen des Baugebiets noch dafür sorgt, dass wir Senioren beispielsweise abholen müssen.«
Lobbyarbeit und
bessere Vernetzung
Im vergangenen Jahr ploppt dann wieder auf, was für Raboldt eigentlich abgeschlossen war. »Die Stelle wurde endlich geschaffen und ich wurde gefragt«, sagt sie. »Damit habe ich nicht mehr gerechnet und mich natürlich sehr gefreut.« Künftig soll Raboldt also die Landesselbsthilfekontaktstelle Hessen (LAKOS) aufbauen. Als Leiterin ist sie dafür zuständig, die Selbsthilfe auf Landesebene zu fördern und weiterzuentwickeln. Das will sie unter anderem mit Lobbyarbeit, Selbsthilfe-Fachtagen und Kongressen, mit Kooperation und Vernetzung anderer hessischer Landesorganisationen schaffen. »Etwas neu aufbauen scheint mir zu liegen«, sagt sie. Die Stelle sei in Frankfurt angesiedelt. »Da kann ich mit dem Rad fahren.« Und vor allem: Vollzeit. »Die Kinder sind alt genug und aus dem Haus. Ich will wieder Vollzeit arbeiten und freue mich richtig.«
Vom Familienzentrum will sie erst mal ein Jahr Pause einlegen. »Ich möchte nicht immer wieder auftauchen. Das kommt doch komisch an. Im Chor bleibe ich, schließlich ist Singen Hobby und kein Ehrenamt.« Später wolle sie sich überlegen, wie sie sich in der Gemeinde einbringen kann. Aber auch für ihre Nachfolgerinnen werde sie in den kommenden Monaten immer ein offenes Ohr haben. »Man geht ja schließlich nie so ganz.« Von Patrick Eickhoff
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