Mehr Zeit – das wünschen sich alle, die in der Pflege zu tun haben. Dies ist ein Ergebnis der Podiumsdiskussion, zu der das Johanniter-Stift in Klein-Karben eingeladen hatte.
Karben. Zu Beginn werden die rund 50 Zuhörer – darunter Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (CDU) sowie Vertreter von Parteien – über die gegenwärtige Situation informiert. Pfarrerin Carmen Berger-Zell – zugleich theologische Referentin der Diakonie Hessen – gibt Einblicke in Zahlen und Statistik rund um die Pflege.
Sie plädiert dafür, das öffentliche Ansehen des Pflegeberufes attraktiver zu machen. „Pflegende bekommen zu wenig Wertschätzung für das, was sie täglich leisten“, so Berger-Zell. Statistiken zufolge würden im Jahr 2030 rund 500 000 Pflegekräfte fehlen, sagt sie. Der Beruf müsse für die Berufswahl junger Menschen attraktiver gemacht werden.
Bedürfnisse sehen
Der derzeitige Begriff der Pflege – entsprechend dem Sozialgesetzbuch – orientiere sich an den Bereichen Mobilität, Hygiene, Nahrungsaufnahme und Hauswirtschaft. „Was in der bezahlten Pflege vor allem fehlt, ist Zeit“, so Berger-Zell. Zwischenmenschliche Beziehungen seien auch im Alter wichtig, denn der Mensch stünde von Geburt an in der Beziehung zu anderen.
Zu einer würdevollen Pflege gehörten „eine wohnortnahe Versorgung, die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Betreuungs- und Wohnformen für Senioren, weniger Bürokratie und mehr Zeit“, bilanziert sie.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion – moderiert von Thomas Melcher – gibt es keine strittigen Punkte unter den Teilnehmern. Ellen Benölken vom Sozialverband VdK ergänzt, eine „gefühlte Qualität“ in der Pflege sei wichtig. So müsse das ihrer Meinung nach „veraltete Pflegegesetz“ mehr auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet werden, wofür sich der VdK auch auf Bundesebene stark mache, so Benölken.
Ursula Jacobsen aus Karben – sie engagiert sich unter anderem bei der ambulanten Hospiz-Hilfe Karben – berichtet von eigenen Erfahrungen mit der pflegebedürftigen Mutter. So sei es für den Umgang mit alten Menschen wichtig, dass die Pflegenden „viele Informationen über deren Biografie haben“, schildert Jacobsen. Ihre Mutter sei regelrecht aufgeblüht, wenn das Heimpersonal sie auf ihre schlesische Heimat angesprochen habe.
Fehlendes ermitteln
Biografische Aspekte würden im Johanniter-Stift Karben durch einen Biografie-Erhebungsbogen für jeden Bewohner berücksichtigt, sagt Einrichtungsleiterin Gabriele Roettger. Sie hebt hervor, dass sich im Stift junge und alte Menschen auf vielfältige Weise begegneten. Die Politik solle sich für „mehr Achtung und Respekt für Pflegende“ stark machen, fügt sie hinzu.
Er sehe derzeit keinen Bedarf für ein weiteres Pflegeheim in Karben, sagt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Indes begrüße er es, dass die beiden stationären Einrichtungen „mitten im Ort sind“. Die Stadt Karben tue einiges für ihre älteren Bewohner, so solle demnächst in einem Altenhilfeplan ermittelt werden, „welche Angebote es bereits gibt und was noch fehlt“, so Rahn.