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Wort zum Sonntag: Wen würde Jesus wählen?

Von Martin Niemöller, dem ersten Kirchenpräsidenten unserer Landeskirche ist bekannt, dass er in wichtigen Entscheidungssituationen immer wieder die Frage gestellt hat: Was würde Jesus tun?

In einer Welt, die immer komplexer wird, finde ich es wichtiger denn je, Entscheidungen aus dem Glauben heraus zu treffen. Mit dieser Frage als täglichem Begleiter gewinnt das Leben an Tiefe und Verbindlichkeit. So begleitet mich diese Frage auch mit Blick auf die Kommunalwahl am Sonntag. Was würde Jesus tun? Oder genauer: Wen würde Jesus wählen?

Dabei gehen wir Christen davon aus, dass die alles entscheidende Wahlfrage beantwortet ist. Die eigentliche Wahl hat längst stattgefunden: Gott hat sich ein für allemal für uns Menschen entschieden. Hinter jedes Menschenleben hat er sein Kreuz gesetzt und unser zerbrechliches Leben als sein eigenes gewählt. Jesus Christus ist, so können wir im übertragenen Sinn sagen, die menschgewordene Wahlentscheidung Gottes für uns und diese Welt.

Wenn ich sehe, wie Jesus sich zu den Kranken, zu den Ausgestoßenen, zu Verfolgten, zu Menschen auf der Flucht, zu Globalisierungsverlierern, zu Armen und Verzagten stellt, ihnen Mut zuspricht und sie wieder aufrichtet, dann gewinne ich einen Maßstab für mein Leben und Handeln. Dann sehe ich, was Jesus tut. Wenn ich sehe, wie Jesus an der Seite derer steht, für die keiner mehr einsteht, dann erkenne ich, für wen ich mich heute einzusetzen habe.

Die Stärke einer Gesellschaft wird immer daran gemessen, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht. Diese solidarische Grundhaltung prägte das Leben Jesu, in dem wir das wahre Antlitz Gottes sehen. Gott hat seine Wahl gemacht, zu unseren Gunsten. Sein Kreuz steht mitten in dieser Welt. Wer in den Himmel schaut und „Gott“ sagt, dessen Blick wird auf die Erde umgelenkt. Hier ist Gott zu finden, hier lebt Gott mitten unter uns. Gott hat seine Wahl getroffen.

Von Gottes Wahlentscheidung her wird meine Wahlentscheidung geprägt. Wen würde Jesus wählen? Ich werde am Sonntag mein Wahl-Kreuz bei den Menschen machen, die sich auf der Spur der Solidarität Gottes mit allen Menschen für das Wohl aller Menschen einsetzen – vor allem für die, die sonst keine Stimme haben.

Ihr Pfarrer Johannes Misterek

Evang. Gemeinde Massenheim