„Ist er es wert?“ fragt sich eine junge Frau, die den Mann ihrer Träume kennen lernt. Sie muss sich entscheiden. Sie hat eine verheißungsvolle Karriere vor sich. Sie fühlt sich in ihrer Umgebung wohl und genießt die Zeit mit ihren Freunden. Aber dieser Mann lebt in einem anderen Land, und er kann – oder will – es nicht verlassen. Wenn sie ihm folgt, wird sie viel aufgeben müssen. Ist er es wirklich wert? Aber dann sieht sie ihn an und ist überwältigt von der Liebe zu ihm: „Ja, natürlich ist er es wert.“ Ein anderes Beispiel: Ein junges Paar zögert angesichts der Frage nach eigenem Nachwuchs. Ein Kind würde das gesamte Leben verändern. Man könnte nicht mehr frei über die eigene Zeit verfügen, aufwendige Hobbys wären nur schwer aufrecht zu erhalten. Man wäre gebunden. Ganz zu schweigen von der finanziellen Belastung für die nächsten Jahrzehnte. Ist es das wirklich wert? Doch als sie das (ungeplante) neugeborene Kind in den Armen halten, und das Baby die Eltern mit seinen großen Augen anschaut, sind die Zweifel weggewischt. Offensichtlich ist es so: Wenn uns das Glück ereilt, dann gibt es kein Zaudern. Wenn uns die Liebe erfasst, gibt es kein Abwägen mehr. Dann tritt alles andere in den Hintergrund. So erzählt es auch Jesus in einer kurzen Geschichte, die von der Suche nach Glück handelt: „Ein Kaufmann reist durch die Welt, auf der Suche nach wertvollen Perlen. Da findet er eine, die übertrifft alle Perlen, die er jemals gesehen hat. Er fährt nach Hause, verkauft alles andere und kauft die Perle“ (Matthäus 13, 45-46). Wir haben in einem Gesprächskreis unserer Gemeinde über diesen Text gesprochen. Wir waren uns uneins, ob uns dieses radikale Verhalten eher sympathisch oder fanatisch vorkommt. Soll man sich ein solches Verhalten wirklich als Vorbild nehmen, oder doch lieber etwas zurückhaltender und ausgewogener reagieren, wenn man das Glück findet? Jesus nennt das Glück übrigens „Himmelreich“ oder „Reich Gottes“. Mit anderen Worten: Glück ist, wenn der Himmel die Erde berührt. Wenn Gottes Gegenwart mein Leben durchströmt und erfüllt. Was würden Sie für diese Erfahrung liegen lassen? Was wäre Ihnen diese Erfahrung wert? Jesus fordert uns in der Geschichte übrigens gar nicht dazu auf, alles andere für den Himmel liegen zu lassen. Die Geschichte, die er erzählt, ist keine Mahnung mit erhobenem Zeigefinger. Jesus beschreibt nur, wie es ist, wenn jemand den Himmel auf Erden erfährt. Für ihn scheint es selbstverständlich, dass gegenüber dieser Erfahrung alles andere erst einmal in den Hintergrund rückt. Und er scheint vorauszusetzen, dass die Suche nach dem Glück erst dann Sinn macht, wenn es Konsequenzen hat, wenn ich finde, wonach ich gesucht habe. Es bleibt die Frage: Wofür würden Sie alles andere liegen lassen?
Pfarrer Dr. Jens Martin Sautter
Ev. Christuskirchengemeinde
Bad Vilbel