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Witzig, melancholisch, tragisch

Mit der musikalischen Revue »Die Comedian Harmonists« erzählen die Burgfestspiele die Geschichte vom Aufstieg und dem tragischen Ende des in den 1920er und 1930er Jahren weltbekannten Vokalensembles. In der Bad Vilbeler Burg ist Horst Maria Merz (links am Klavier) nicht nur der musikalische Leiter, sondern ist auch in der Rolle des Erwin Bootz auf der Bühne zu erleben. Foto: Eugen Sommer
Mit der musikalischen Revue »Die Comedian Harmonists« erzählen die Burgfestspiele die Geschichte vom Aufstieg und dem tragischen Ende des in den 1920er und 1930er Jahren weltbekannten Vokalensembles. In der Bad Vilbeler Burg ist Horst Maria Merz (links am Klavier) nicht nur der musikalische Leiter, sondern ist auch in der Rolle des Erwin Bootz auf der Bühne zu erleben. Foto: Eugen Sommer

»Irgendwie surreal«: Der Erfolg und das Ende der »Comedian Harmonists«

Bad Vilbel. »Ein Freund, ein guter Freund«, »Schöner Gigolo, armer Gigolo« und »Liebling, mein Herz lässt dich grüßen« sind nur drei Titel von vielen anderen Songs, die durch die »Comedian Harmonists« zu unvergesslichen Evergreens geworden sind. Die Geschichte dieses Vokalensembles, die Ende der 1920er Jahre ihren Anfang nahm, ist bekanntlich als musikalische Revue bei den Burgfestspielen zu sehen.
Nun gibt es für die Fans der Comedian Harmonists in der Vilbeler Burg noch bei drei Vorstellungen Gelegenheit, die Revue zu sehen: Von Montag, 25. Juli bis Mittwoch,, 27. Juli, jeweils ab 20.15 Uhr.

Musikalischer Leiter und Pianist
Der Pianist, Chansonnier und Schauspieler Horst Maria Merz ist nicht nur musikalischer Leiter dieser Inszenierung, sondern spielt bei den Vorstellungen in der Rolle des Erwin Bootz auch Klavier. Im Jahr 1997 schlüpfte er erstmals in diese Rolle, die ihn bis heute begleitet. Den Erwin Bootz spielte Merz mit großem Erfolg in über 850 Vorstellungen des Theaterstücks »Veronika, der Lenz ist da« – zunächst in Berlin, dann bei Auftritten im In- und Ausland. Im Jahr 2018 war dann zunächst Schluss. Aber 2021 konnte er nicht widerstehen, als er für die Bad Vilbeler Burgfestspiele erneut für diese Rolle angefragt wurde und für die Inszenierung von Regisseur Ulrich Cyran zusagte. Wegen der großen Nachfrage im Vorjahr, erlebt sie für diesen Sommer eine Wiederaufnahme. Horst Maria Merz konnte so in der Vilbeler Burg seinen 900. Auftritt als Erwin Bootz erleben. Dazu beantwortete uns der Musiker und Sänger vier Fragen:

Horst Maria Merz Foto: Burgfestspiele

Herr Merz, als Sie 1997 erstmals die Rolle spielten, hatten Sie da eine vage Vorstellung, dass Sie damit nicht nur eine Saison, sondern jahrelang das Publikum in den Bann ziehen könnten?
Absolut nicht! Der Hype, der 1997 nach der Uraufführung des Theaterstücks »Veronika der Lenz ist da« an der Komödie am Kudamm um uns – die »Berlin Comedian Harmonists« – begann, war irgendwie surreal. Wir spielten fünf Monate vor ausverkauftem Haus ensuite an diesem Theater und hatten parallel dazu unzählige Auftritte u.a. im neu eröffneten Hotel Adlon, Kaufhaus Lafayette oder Renzo Piano Daimler Haus. Wir waren zur rechten Zeit am richtigen Ort. Dass daraus eine 20-jährige Erfolgsgeschichte werden würde, ahnte natürlich keiner von uns.

Was sind Ihren Erfahrungen und Wahrnehmungen nach die Hauptgründe für diesen Erfolg?
Zuallererst sind es die Lieder selbst, von denen einige mittlerweile zu unserem Kulturgut gehören und ältere, aber auch junge Zuhörer nach wie vor in ihren Bann ziehen. Die Texte und die Musik sprühen geradezu vor Leichtigkeit, Witz, Lebensfreude, Nonsens, aber auch die melancholische Seite kommt nicht zu kurz. Viele Hits stammen aus der Feder jüdischer Komponisten und Texter, die ebenso wie drei jüdische Mitglieder der Comedian Harmonists aufgrund der nationalsozialistischen Rassenideologie Deutschland verlassen mussten. Auch dieser barbarische Teil deutscher Geschichte wird an diesem unvergleichlichen Theaterabend eindrücklich erfahrbar.

Was hat Sie selbst an den Comedian Harmonists fasziniert?
Abgesehen von diesem einzigartigen 5-stimmigen Männergesang die Tatsache, dass ein einzelner Mensch – der Gruppengründer Harry Frommermann – unbeirrbar seinen Traum verfolgt. Er gründet eine 5-köpfige Gesangsgruppe plus Pianist, schreibt selbst als Autodidakt die Arrangements dafür und am Ende wird dieser Traum trotz vieler Streitereien und Auf und Abs wirklich wahr. Der Lohn für monatelange gemeinsame harte Arbeit ist dann eine märchenhafte Karriere, die die gefeierte Gruppe in der ganzen Welt auftreten lässt.

Was unterscheidet die Bad Vilbeler Inszenierung von der aus dem Jahr 1997 und den Folgejahren?
Dass Regisseur Ulrich Cyran und Bühnenbildnerin Dorothea Mines die Original Comedian Harmonists auf phantasievolle Weise aus der Vergangenheit auferstehen lassen und dabei großen Raum geben, um den Erfolg aber auch das tragische Ende dieser Gruppe emotional tief erleben zu lassen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die dezente und pointierte Choreographie von Isabella Arndt.

Noch drei Vorstellungen bei den Burgfestspielen: Ticktes  sind im Kartenbüro, Klaus-Havenstein-Weg 1, Telefon (06101) 559455, erhältlich oder per Online-Buchung über www.kultur-bad-vilbel.de.