Bad Vilbel. „Es geht nicht um eine pünktlichere S-Bahn, sondern um eine enorme Zunahme des Güterverkehrs.“ Dieser Satz war im Kultur- und Sportforum bei der Informationsveranstaltung mit Vertretern der Bahn über den viergleisigen Ausbau der Bahnstrecke oft aus den Reihen der 250 Besucher zu hören. Nicht einmal mit dem Argument, dass ein Schall- und Erschütterungsschutz für die Anwohner der Bahnstrecke nur im Zuge der Ausbaumaßnahme geschaffen werden kann, vermochten die Vertreter der Bahn die Dortelweiler für ihr Vorhaben zu gewinnen.
Sie konnten kein Vertrauen in Prognosen schaffen, wonach sich bei einer Verdoppelung der Schienenkapazität der zusätzliche Fern- und Güterverkehr nur mäßig erhöht, wenn sie gleichzeitig keine Prognosen darüber abgeben konnten, wie lange in Dortelweil innerhalb der vierjährigen Bauzeit mit Lärm und Behinderungen zu rechnen ist. Selbst Ortsvorsteher Herbert Anders, der mit der Präzisierung der Frage nach der Zeit für die Summe der einzelnen Bauabschnitte eine Brücke bauen wollte, erhielt vom Bahn-Planungsingenieur Marko Asseng nur die Antwort: „Wir bauen vier Jahre.“
Die Berechnungen für den Lärm- und Erschütterungsschutz basieren auf den Hochrechnungen für das Verkehrsaufkommen 2015, das dem Bundesverkehrswegeplan zugrunde liegt, erklärte Schallgutachter Peter Fritz. Doch die Dortelweiler fragten sich, welchen Wert dies habe, wenn die viergleisige Strecke erst im Dezember 2016 in Betrieb genommen werden soll?
Noch dazu, da Bauherrenvertreter Klaus Diel von der DB-Netz einräumte, dass bei einer Zählung 2009 bereits eine Überschreitung festgestellt wurde. Er habe damit verdeutlichen wollen, dass ein Schall- und Erschütterungsschutz dringend notwendig ist, erklärte er. Doch bei den Dortelweilern kam an, dass sie mit mehr Zügen zu rechnen haben. Obwohl die tägliche Belastung schwanke, sei im Durchschnitt nach dem viergleisigen Ausbau mit einer Erhöhung der Zahl der Züge, die täglich durch Dortelweil rollen, von 263 auf 307 zu rechnen, erklärte Diel. Darunter seien 136 S-Bahnen und etwa 60 Güterzüge, der Rest sei „normaler Regionalverkehr“.
Um die S-Bahn auf eigene Schienen zu stellen, damit sie unabhängig von den anderen Zügen leistungsfähiger und pünktlicher verkehren kann, hätten Bund und Land der Bahn den Auftrag zu der „reinen Nahverkehrsmaßnahme“ erteilt. 17 Kilometer lang ist der zweite Ausbauabschnitt zwischen Bad Vilbel und Friedberg. Es würden nicht einfach zwei Gleise neben die bestehende Strecke gelegt, sondern Anliegerinteressen berücksichtigt, heißt es. Zwischen Bad Vilbel und dem Bahnhof Dortelweil werde der von 14 auf 26 Meter verbreiterte Gleiskörper ostwärts erweitert, da Auswirkungen auf Kleingärten geringer einzustufen seien als auf Wohnbebauung.
Vom Bahnhof Dortelweil in Richtung Kloppenheim verlagere sich die Strecke westwärts. Der Bahnhof werde komplett barrierefrei mit Rampen auf beiden Seiten gestaltet. Die 96 Zentimeter hohen Bahnsteige ermöglichten es, absatzfrei in die Bahn einzusteigen. Zugleich verhinderten sie, dass Güterzüge die S-Bahn-Strecke befahren können.
Alle Brücken im Bereich Dortelweil würden neu gebaut, so Diel. Am Abzweig des Stockheimer Lieschens werde der Niddaradweg unter die Brücke verlegt. Insbesondere an der Theodor-Heuss-Straße müsse darauf geachtet werden, dass auch der Straßenverkehr möglichst wenig beeinträchtigt wird. Der Schienenverkehr müsse ohnehin während der gesamten Maßnahme weiter laufen.
Die geplanten Lärmschutzmaßnahmen gewährleisteten, dass in allen Wohngebieten die Grenzwerte eingehalten werden, so Fritz. Bisher würden sie bis hin zur Friedberger Straße im Westen und zur Freiherr-vom-Stein-Straße und zur Obergasse im Osten überschritten. Um keine 16 Meter hohen Wände bauen zu müssen, stellten die Maßnahmen einen Kompromiss zwischen bis zu vier Meter hohen Wänden oder Schallschutzfenster an den Häusern direkt an der Bahnstrecke dar. Um Erschütterungen zu vermeiden, sollen die Betonschwellen eine elastische Unterschicht erhalten. Deren Wirkung wurde von Anwohnern aber bezweifelt. Seit dem Austausch der Schwellen 2008 seien Risse in einigen Häusern entstanden.