Thomas Farr war 26 Jahre Wehrführer der Heilsberger Brandschützer
Bad Vilbel. Oberbrandmeister Thomas Farr hat sein Amt als erster Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Heilsberg nach 26 Jahren und einem Monat Ende Januar an seinen kommissarischen Nachfolger Georg Schmidt übergeben. Seit 2002 ist der Maschinenbau- und Sicherheitsingenieur zudem Ausbilder für Maschinisten im Wetteraukreis, was er weiter bleibt.
Mit dem Slogan »Wie sich die Zeiten ändern« hat die Feuerwehr Bad Vilbel vor einigen Jahren auf Plakaten um neue Mitstreiter geworben. Wie gut der Slogan zum Feuerwehrleben passt, kann Thomas Farr aus erster Hand berichten. Fast drei Jahrzehnte lang, vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Januar 2021, war er Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Heilsberg (FFW Heilsberg).
In die Annalen der Geschichte geht Farr als erster Wehrführer des Stadtteils ein, da die 1949 gegründete FFW Heilsberg bis 1994, »als fünftes Rad am Wagen«, ein ausgegliederter Zug der Kernstadtwehr war. Auch einen Ortsbeirat gab es damals in der Siedlung nicht.
Der gebürtige Bornheimer zog 1962 auf den Heilsberg. Schreinermeister Schmidt baute bei ihm gerade neue Fenster ein, als er Farr, der zu diesem Zeitpunkt mit einer Mandelentzündung im Bett lag, von der Feuerwehr erzählte und ihn dafür anwarb. »Ich hatte gerade meine Einberufung zur Bundeswehr bekommen. Er riet mir, mich für zehn Jahre beim Katastrophenschutz zu verpflichten«, erinnert sich Farr. Zehn Jahre waren ihm zu lang. Er verpflichtete sich für zwei Jahre bei der Bundeswehr, »dort habe ich meine Ausbildung und meinen Führerschein gemacht«, und trat am 1. Mai 1977 in die Feuerwehr ein.
Insgesamt 100 Wochen Lehrgänge besucht
»Das Gerätehaus war der Treffpunkt der Heilsberger Jugendlichen. Ein anderes Angebot habe es für die Jugendlichen damals nicht gegeben. Bis heute zeichnet sich die Wehr durch eine familiäre Atmosphäre und den Zusammenhalt ihrer Mitglieder aus.«
Seit 44 Jahren ist Farr aktiver Feuerwehrmann, war erst ab 1984 Gerätewart, dann Mitglied im Vorstand und des Feuerwehrausschusses der Stadt Bad Vilbel, acht Jahre lang stellvertretender Zugführer, dann kommissarischer Wehrführer. Nebenberuflich nahm er »tief gerechnet« 250 bis 400 Einsätze im Jahr wahr, besuchte 100 Wochen lang insgesamt 73 Lehrgänge und Seminare und lauschte mit einem Ohr immer am Funkmeldeempfänger. »Das ehrenamtliche Engagement funktioniert nur, wenn Frau und Familie mitspielen«, sagt er.
Seit er zur Feuerwehr kam, hat sich viel verändert. »Früher haben wir immer am Feuerwehrhaus gebaut oder an unseren Autos geschraubt. Meine ersten Einsatzberichte habe ich mit der Hand auf Durchschlagpapier geschrieben, heute geht nichts mehr ohne PC«, sagt Farr. Auch die Ausrüstung sei glücklicherweise besser geworden. »Meine ersten Stiefel waren abgelegte ohne Stahlkappen mit abgelaufenen Sohlen. Ich musste sie erst einmal zum Schuster bringen. Auch die Uniform war ausrangiert, die – leicht entflammbaren – Regenjacken haben wir uns selbst gekauft. Wir haben mit ganz anderen Mitteln und Ausrüstungen gearbeitet, lebten mehr vom Improvisieren. Heute ist alles professioneller.«
Doch eines hat sich in die falsche Richtung entwickelt: »Früher gingen Wehrleute mit 60 Jahren in ›Rente‹, heute mit 68 Jahren, weil erfahrene Kräfte wegbrechen und der Nachwuchs fehlt.«
Dramatische Einsätze
»Früher hieß es: Einen Feuerwehrmann kann nichts erschüttern. Heute gibt es zum Glück nach dramatischen Einsätzen wie schweren Unfällen mit Toten eine psychologische Betreuung und professionelle Aufarbeitung posttraumatischer Belastungsstörungen.« Denn im Gedächtnis bleiben den Wehrleuten vor allem Einsätze, bei denen Menschenleben in Gefahr sind oder es Tote gab.
Mehrere Fälle haben sich Farr ins Gedächtnis gebrannt. Am 14. März 1990 kam ein zweijähriges Kind beim Großbrand am Alten Rathaus im Luisenbrunnen ums Leben. Auch den Brandanschlag in der Bodelschwinghstraße mit neun verletzten Bürgern und einem verletzten Feuerwehrmann wird er nie vergessen, genauso wie den Brandtoten im Jahr 2011 in der Paul-Gerhardt-Straße.
Zu Farrs spektakulärsten Einsätzen gehörte das Feuer in der Fertighausausstellung im Jahr 2004, denn »da gab es auf dem Gelände am Waldrand noch keine Wasserversorgung«, erinnert er sich. Die Frankfurter Berufsfeuerwehr musste damals mit Löschfahrzeugen aushelfen. Auch an den Bombenalarm 2004 im Autohaus Vogler kann sich Farr noch gut erinnern. »Da war der halbe Heilsberg abgesperrt. Zum Glück gehörten die unter dem Auto herausragenden Drähte zu einem Observationsgerät einer Detektei«, sagt er.
Auch ein Chlorgasunfall bei den amerikanischen Streitkräften hielt die Feuerwehr auf Trab. »Alle Bäume waren entlaubt und unsere Uniformen ausgeblichen«, erinnert sich Farr.
Wichtig für die Zukunft der Feuerwehr seien eine professionelle Ausrüstung und eine realitätsnahe Ausbildung, denn »wir laufen rein, wo andere rauslaufen. Um anderen zu helfen, opfern Wehrleute ihre Freizeit und riskieren ihre Gesundheit«.
In Farrs Erinnerung werden aber auch schöne Ereignisse bleiben. Wie etwa die von der Feuerwehr mit- oder allein organisierten Weihnachtsmärkte, die Tage der offenen Tür, Brunnen- und Oktoberfeste sowie die Feiern zum 50-jährigen Bestehen der Siedlung und der FFW Heilsberg. »Auf den Festen lernten sich die Heilsberger kennen.«
Georg Schmidt kandidiert als neuer Wehrführer
Bad Vilbel. Der designierte Nachfolger von Thomas Farr als Wehrführer der Heilsberger Feuerwehr ist sein bisheriger Stellvertreter Georg Schmidt. Der 56-Jährige ist Ausbilder bei der Berufsfeuerwehr in Frankfurt. Für den Posten des neuen stellvertretenden Wehrführers kandidiert der Heilsberger Gerätewart Tobias Löser (38), ein selbstständiger Kfz-Meister. Gewählt wird das neue Führungsduo der Wehr Heilsberg von den 33 männlichen und drei weiblichen Aktiven der Einsatzabteilung. Die Jugendfeuerwehr hat aktuell 15 Mitglieder, die Kinderfeuerwehr 20 und die Ehren- und Altersabteilung sechs.
Der Rat von Thomas Farr an seinen Nachfolger lautet: »Als Wehrführer steht man intern und extern unter Beobachtung. In so einer Funktion kann man keine Verantwortung abgeben und es nicht allen recht machen.« (fau)