Karben/Bad Vilbel. Meister Adebar ist in der Wetterau wieder heimisch. Immer mehr Weißstörche ziehen ihre Jungen in der Nähe von Feuchtgrünland und Flussauen groß. In Gronau brüten neun Paare, von Gronau bis Burg-Gräfenrode sind es 18 Storchenpaare und in der Wetterau sind 120 bekannt, weiß Professor Roland Prinzinger vom Nabu Karben.
Das ist ein schöner Erfolg für alle, die sich jahrelang für den großen Wiesenvogel einsetzten. Zu ihnen gehören neben Professor Prinzinger und zahlreichen Nabu- und BUND-Mitgliedern auch Privatleute wie der Gronauer Storchenvater Klaus Hermann. Störche wurden 1984 und 1994 zum »Vogel des Jahres« ernannt. »Er war damals extrem gefährdet, heute ist er es nicht mehr«, freut sich Biologe Prinzinger. Zu den Gefährdungsursachen zählten der Verlust des Lebensraumes durch Gewässerausbau, die Entwässerung von Feuchtgrünland und intensive Landwirtschaft, aber auch elektrische Freileitungen und gefährlich konstruierte Strommasten, der Verlust von geeigneten Rastgebieten entlang der Zugrouten sowie Dürre oder die Bejagung in den Überwinterungsgebieten.
In Afrika landet der Storch nicht selten im Kochtopf. Bei uns hingegen sind viele stolz und freuen sich, wenn Störche in ihrem Dorf nisten. Vogelschützer haben allein auf den Gronauer Wiesen im und rund ums Naturschutzgebiet Altensee gleichzeitig 28 Störche durch das Gras schreiten und nach Beute Ausschau halten sehen. Auf dem Speiseplan von Weißstörchen stehen Regenwürmer, Insekten, Froschlurche, Kröten, Mäuse, Ratten, junge Kaninchen, Fische, Erd- und Eidechsen, Schlangen, Aas sowie Krabben und Fische.
Bunter Speiseplan
Seltener fressen Störche Eier und Nestlinge anderer, auf dem Boden brütender Vögel wie Wiesenbrüter. Störche sind nicht auf bestimmte Nahrung spezialisiert. Sie richten sich nach dem Angebot in ihren Brutgebieten, fressen die Beute, die häufig vorhanden ist. Weißstörche benötigen täglich rund ein Siebtel ihres Körpergewichts an Nahrung, was durchschnittlich etwa 500 Gramm entspricht. Kritisch gesehen werde inzwischen von einigen Tier- und Naturschützern die Zunahme der Brutpaare in der Wetterau.
Haben Freiwillige in den letzten Jahren jeweils rund 1280 Erdkröten eingesammelt und sie in Eimern sicher zum Ablaichen beispielsweise vom Mühlgraben zum Alten See über die Straße getragen, waren es in diesem Jahr nur noch knapp 300. Es gibt Nabu-Mitglieder, die argumentierten, dass es wieder genügend Storchennester gebe und keine weiteren künstlichen Horste mehr gebraucht werden. »Der Streit geht quer durch den NABU«, sagt Prinzinger. Er macht neben den Störchen als Ursache für den Rückgang der Erdkrötenpopulation auch die zunehmende Trockenheit verantwortlich.
Bis zu 50 Paare
Weißstörche sind gesellige Kolonienbrüter, bis zu 50 Paare brüten in einer Kolonie. Regulierender Faktor ist das Nahrungsangebot. Allein auf einem Strommast am Niddaradweg in Gronau in der Nähe des Gronauer Hofes Richtung Klein-Karben haben Störche sechs Nester gebaut, von denen drei zurzeit belegt sind. »Störche bleiben ihrem Horst über Jahrzehnte treu. Störche gehören zu den wenigen Vögeln, deren Nestbau nie abgeschlossen wird, und die selbst dann weiterbauen, wenn sie bereits brüten«, sagt Prinzinger. Dadurch sind die Kinderstuben oft meterhoch und tonnenschwer, wenn der Mensch nicht regulierend eingreift.
So wie in der vergangenen Woche in Gronau, als vier Mitarbeiter der Firma Avacon Netz abstehende und herunterhängende Äste von Horsten auf den Hochspannungsmasten entfernten.