Bad Vilbel. Der Oberurseler Rolf Wagenseil hat sich sehr für kulturelle und soziale Anliegen in der Brunnenstadt eingesetzt, wofür ihm bereits 1997 die Goldene Ehrennadel der Stadt verliehen wurde. Bereits 1977 fing es an: Zur Filialeröffnung erhielten die evangelischen Gemeindeschwestern einen VW Polo. Zuvor mussten sie ihre Hausbesuche per Fahrrad machen. In der Ära des Ersten Stadtrats Walter Körber (SPD) wurde die Awo regelmäßig unterstützt.
„Wir haben nicht nur Schecks geschrieben, sondern auch auf dem Vilbeler Straßenfest Apfelwein für die Awo ausgeschenkt“, erinnert sich Wagenseil. Sehr zur Verwunderung mancher Banker-Kollegen, die keine „Schausteller“ sein wollten. „Wenn irgendwo die Geige kratzte“, sei er Ansprechpartner gewesen. Auch die drei Holzhäuser, die die Sparkasse 1990 anlässlich der Wiedereröffnung der Filiale Frankfurter Straße 127 der Bürgeraktive schenkte, sind noch in städtischem Fundus und werden, etwa beim Weihnachtsmarkt in der Burg genutzt. Zwei Jahrzehnte arbeitete Wagenseil auch im Vorstand des Gewerberings mit.
Er erinnert sich noch an den Dünkel der Großbanken in den 1960er Jahren, die Privatkunden gerne zur Sparkasse weiterziehen ließen. Dabei ist auch die „1822“ keine Sparkasse im traditionellen Sinn, aber auch mit dem Auftrag, das kommunale Gewerbe zu stärken.
Als „freie“ Sparkasse von der Stiftung der Polytechnischen Gesellschaft gegründet, habe man sich nach dem Krieg doch dem Sparkassenverbund angeschlossen. Seit dem Jahr 2007 kooperieren die Frankfurter mit der Sparkasse Oberhessen beim Burgfestspiel-Sponsoring.
1998 holte Wagenseil die Kammerkonzert-Reihe der Sparkasse 1822 ins damals neu gebaute Kulturforum nach Dortelweil. Besonderes Augenmerk galt den Burgfestspielen. „Früher war noch Lehm und Erde im Burghof, der mit Sponsorengeldern befestigt worden sei, sagt Wagenseil.
Mit 120 000 Euro förderte die Sparkasse in den vergangenen 23 Jahren die Burgfestspiele, habe damit auch aufwendige Orchester-Aufführungen wie beim Musical „Evita“ mit ermöglicht. Auch den Ausbau der Kunstschule unterstützt die Sparkasse in Kürze mit einer Summe, die wegen des persönlichen Engagements vor Ort „etwas höher“ ausfallen werde, so Wagenseil.
Den Weg hinter den Bankschalter hat Wagenseil einer Empfehlung seines Vaters zu verdanken, der dem einst 14-Jährigen riet, sich als Lehrling entweder bei der „1822“ oder bei der Landesversicherungsanstalt zu bewerben – und „die Sparkasse war einfach schneller.“
In dieser Zeit hat sich viel in der Branche verändert, erinnert sich Wagenseil, der jetzt als Centerleiter Vermögenskunden in der Filiale Nieder-Eschbach arbeitet. Auf sein Berufsleben blickt er mit dem Gestus der Pflichterfüllung zurück. In 46 Berufsjahren habe er gerade einmal zwei Wochen gefehlt, sagt er. Nicht nur des Arbeitgebers wegen, sondern wegen der Verpflichtung seinen Kunden gegenüber.
Damals, in den 1960er Jahren sei die Welt noch überschaubar gewesen, erste Gehaltskonten wurden eröffnet. Als große finanzielle Innovation galt die Einführung der Bundesschatzbriefe und der Euroscheckkarte.
Selbst der Immobilien-Betrüger Jürgen Schneider „war gegen einen Bernie Madoff nur ein ganz kleiner Fisch“, betont Wagenseil. Zwar hätten die Anleger wegen des Aufschwungs der Aktienmärkte inzwischen wieder Vertrauen gefasst, aber das Niveau vor der Krise sei noch nicht erreicht – und die Anleger seien kritischer geworden, weil auch Staatsanleihen, etwa in Griechenland, längst nicht mehr vor der Pleite schützten.
Doch die Welt des Soll und Haben ist nicht alles. Gleich zum Beginn seines Ruhestandes will sich Wagenseil eine Reise nach Dubai mit anschließender Mittelmeer-Kreuzfahrt gönnen. Auch zu Hause gibt es genug zu tun mit lange aufgeschobenen Arbeiten an Haus und Garten. Schließlich gibt es künftig mehr Zeit für das Familienleben und das Bücherregal mit vielen ungelesenen Schätzen.