Geschäftsleute und Gastronomen im Bereich der Vollsperrung in der Groß-Karbener Ortsmitte registrieren ausbleibende Kundschaft – mit drastischen Einbußen.
Karben. Die Sonne scheint. Nach einigen kühlen Tagen ist es genau die Zeit, die Menschen in die Eisdiele zieht – könnte man meinen. Doch im Eiscafé „Monti“ sind an diesem Samstag vier der zehn Tische leer, vor der Theke herrscht statt der sonst oft anzutreffenden Schlange nur Leere. „Normalerweise wäre es heute voll“, erklärt Eisdielen-Inhaber Angelo Montaperto. „Doch durch die Baustelle vor unserer Tür kommen wesentlich weniger Menschen.“
Seit 2002 betreibt der 36-Jährige die Eisdiele am Brunnenplatz gegenüber dem Schloss. Doch die Sanierung der Ortsdurchfahrt bringt ihn in dieser Saison in die Bredouille: Durch die Vollsperrung der Heldenberger Straße bleiben viele Kunden weg. „Und außerdem sind die Bauwagen vor der Nase auch nicht attraktiv.“ Das hat die Eisdiele mit den anderen Geschäften wie Reisebüro und dem Asia-Bistro beiderseits der Heldenberger Straße gemein.
Seit 16 Jahren ist der „Asia Bistro Drachen“ in der Bahnhofstraße 1 ansässig und bietet asiatische Köstlichkeiten an. Ihre Stammkunden bevorzugen die Mitnahme der Gerichte, sagt Betreiberin Vu Thanh Ha. Sie bestellen oft telefonisch und kommen mit dem Auto, die Gerichte abzuholen. Nun fragen die Anrufer, wie sie fahren können, berichtet Vu Thanh Ha: „Ich sage dann immer, die Bahnhofstraße ist bis zur Baustelle frei.“ Dennoch habe sie seit Beginn der Bauarbeiten vor mehr als drei Wochen einen deutlichen Einbruch beim Umsatz, „aber die Kosten bleiben“.
Einen „100 Prozent“-Einbruch bei seiner Kundschaft beklagt Billy Snyder vom Reisebüro Hip Horizon. Was telefonisch abgewickelt werde, mache nur ein Bruchteil aus. Die Kunden kämen nicht mehr ins Geschäft, auch weil sie keinen Parkplatz fänden. „Die Anwohner aus dem Baustellenbereich parken doch in den Seitenstraßen rundum, da finden die Kunden keinen Platz.“ Auch regt er sich auf, dass die Baukolonne sein Geschäft hinter Baucontainer und Gerätschaften versteckt habe.
Die Folge der Bauarbeiten und der Sperrung: Die Einnahmen in den Betrieben sind eingebrochen. Halil Akinci steht an diesem Samstag allein mit Mitarbeiter Mücait in „Halil’s Döner Kebap“, nur hin und wieder kommt ein Kunde herein. „Ich hatte einige ältere Damen als Kundinnen, die durch das Fenster lange das Treiben beobachtet haben“, so Akinci.
Vor allem Schüler
Und so teilen die Nachbarn das Schicksal ausbleibender Kunden. „Dass der Durchgangsverkehr fehlt, merke ich deutlich“, so Akinci. Sein Geschäft, wie auch der Asia Bistro Drachen, lebe aktuell vor allem von den Schülern der Kurt-Schumacher-Schule, die zu Fuß unterwegs sind. „Im schlimmsten Fall müsste ich meinen Angestellten kündigen und die Arbeit allein machen. Aber das will ich nicht.“
Rund zehn Gewerbetreibende sind von der Baustelle betroffen. Um ihren Schaden möglichst gering zu halten, sieht Akinci die Stadt in der Pflicht: „Wir wollen nicht juristisch vorgehen“, betont er zwar. „Aber wir würden uns schon wünschen, dass die Stadt auf uns zukommt.“ Er würde etwa diskutieren wollen, inwiefern die Möglichkeit einer Entlastung bei der Gewerbesteuer besteht oder ob Straßenabschnitte, sobald sie befahrbar sind, zügiger geöffnet werden können. „Wenn das wie geplant lange so geht, wird das bei uns Gewerbetreibenden viel ausmachen.“ (jkö/cwi)