Ein Jahr und elf Monate zur Bewährung, dazu Arbeitsstunden und Therapieauflagen: Mit einem milden Urteil ist vor dem Frankfurter Landgericht der Prozess um die blutige Messerattacke auf zwei Männer am Dortelweiler Platz zu Ende gegangen. Verurteilt wurde der 19 Jahre alte Messerstecher wegen gefährlicher Körperverletzung.
Bad Vilbel. Am Ende musste auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft einsehen, dass der Angeklagte die Messerstiche nicht in Tötungsabsicht gegen die beiden Kontrahenten gesetzt hatte. An jenem trüben Tag im November vergangenen Jahres war man aneinandergeraten, obwohl man sich vorher noch nie gesehen hatte.
Einer der beiden späteren Opfer hatte zuvor offenbar „Stress“ mit seiner Freundin und war entsprechend gereizt, als ihn der Angeklagte anschaute. Es kam die obligatorische Frage „Was guckst Du?“, und schon war die Auseinandersetzung in vollem Gange.
Als er von einem der Männer geohrfeigt worden war, rannte der Angeklagte in das nahe Lokal seiner Eltern und schnappte sich am Salatbuffet ein Messer, die spätere Tatwaffe. Damit verletzte er die beiden Gegner an Armen, Beinen und dem Oberkörper – letztere Wunde nahm die Staatsanwaltschaft zum Anlass, von einem bedingten Tötungsvorsatz und damit von einem versuchten Totschlag auszugehen.
In dem Prozess stellte sich jedoch heraus, dass diese rechtliche Bewertung nicht zu halten war. Ein Sachverständiger berichtete dem Gericht nämlich davon, dass der Angeklagte mit seinem Messer viel tiefer ins Fleisch der Opfer hätte eindringen können – falls er die Männer wirklich hätte töten wollen. So aber beließ er es nur bei Schnittverletzungen, deren Länge die Tiefe übertraf und die somit nicht konkret lebensgefährlich gewesen seien.
Nach anfänglichen Versuchen, eine Notwehrsituation herbeizureden, hatte sich der junge Mann später dazu durchgerungen, die Messerattacke einzuräumen. Er habe sich geärgert und deshalb die beiden Männer einschüchtern wollen.
Das Gericht hatte ihm im Rahmen einer „Verständigung“ zwischen den Prozessbeteiligten zuvor für den Fall eines derartigen Geständnisses eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt. Ein Angebot, bei dem der Angeklagte sofort zugriff, um die von ihm befürchtete Gefängnisstrafe abzuwenden.
Der Staatsanwalt beantragte zwei Jahre, das Gericht blieb um einen Monat dahinter. Ursächlich für die milde Strafe war auch der Umstand, dass der 19-jährige infolge Reifemängeln nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde – als Erwachsener hätte er bei gleich zwei Opfern kaum Chancen gehabt, einem Haftaufenthalt zu entgehen. So aber steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund der Strafe. Und damit da auch etwas hängen bleibt, sparte die Jugendstrafkammer nicht mit Bewährungsauflagen: Drogentherapie, Anti-Gewalt-Seminar und jeweils 30 Stunden gemeinnützige Arbeit im Monat, falls er keine Schule besucht oder eine Ausbildung absolviert. Ein Bewährungshelfer soll dafür sorgen, dass der junge Hitzkopf zukünftig die Messer im elterlichen Restaurant nur noch für eines benutzt – zum Essen.