50 bis 60 Millionen Euro, vielleicht sogar mehr, strömen demnächst in die Bad Vilbeler Stadtkasse. Denn in einer nicht-öffentlichen Sitzung votierte das Stadtparlament am Dienstag vergangener Woche einstimmig für den Verkauf von rund 47 500 Quadratmetern für neue Wohnbebauung im Quellenpark. Mit dem Prozedere waren dann aber nicht alle einverstanden.
Bad Vilbel. Stadtrat und Stadtwerke-Betriebsleiter Klaus Minkel (CDU) ist zufrieden: „Zu meiner Überraschung verlief die Abstimmung zum Verkauf der Grundstücke im Quellenpark einstimmig“, sagte er gestern auf Anfrage. Rund 500 Wohnungen, ähnlich wie bei dem bereits aktiven Investor Dietmar Bücher im nördlichen Teil des Quellenparks, werden gebaut.
Doch wer der Investor für den Querriegel westlich des Bahnhofs vom P+R-Parkplatz bis nördlich über den Bahnhof mit einem Wohn- und einem Mischgebiet hinaus sein wird, das ist noch nicht bekannt. Etwa 50 Minuten dauerte die Debatte zu dem Thema am Dienstag im Stadtparlament unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bereits am vergangenen Donnerstag hatte der Haupt- und Finanzausschuss etwa eine Dreiviertelstunde darüber diskutiert – ebenfalls im stillen Kämmerlein. Grund dafür ist, dass es nicht nur einen Bieter gibt. „Eine Veröffentlichung wäre deshalb sehr gefährlich für den Verkauf“, argumentiert Minkel. Das Parlament einigte sich deshalb auf eine Reihenfolge von drei Investoren, die ihre Offerten mit bis zu über 1000 Euro pro Quadratmeter bei der Stadt abgegeben haben.
Einer allerdings ist dem Vernehmen nach nicht mehr im Rennen: Jörg Schultheis und sein „Silicon Vilbel“-Projekt. Bereits in der vergangenen Woche hatte Minkel dessen Angebot als „nicht belastbar“ bewertet, auch wenn der sein Angebot noch einmal erhöht und so mehr als die nun verbliebenen Investoren geboten habe. Dass es noch keine fixe Summe gebe, hänge auch an den Vorstellungen der Bieter. „Es könnte noch Änderungen im Bebauungsplan geben“, schildert Minkel. Deswegen sei ein Gesamterlös von über 60 Millionen Euro möglich. Die Stadt habe derzeit Verbindlichkeiten von rund 50 Millionen Euro. Sie wäre somit nicht nur schuldenfrei, „auch für die geplante Sanierung des Kurhauses könnte somit noch etwas übrigbleiben“, freut sich Minkel. Unterschrieben werden könnte der Kaufvertrag bis Ende nächster Woche. Bis dahin gilt weiter Stillschweigen.
Dass es dies gibt, ist nicht im Sinne der Opposition. So hatte die SPD gefordert, die Öffentlichkeit zur Debatte zuzulassen. „Es handelt sich um die letzten großen Flächen für Wohnbebauung im Quellenpark. Deswegen hätten auch wir die Öffentlichkeit gerne dabei gehabt, um so für Transparenz zu sorgen“, sagt Jens Matthias (Grüne) im Anschluss an die Debatte. Dort sei es zunächst um die Aufarbeitung der Historie gegangen. So wurde vor allem den Grünen wohl erneut vorgeworfen, sich in der Vergangenheit gegen größere Bebauungsvorhaben gesperrt zu haben.
Außerdem habe die Mehrheit aus CDU und FDP den Vorwurf erhoben, dass ein Änderungsantrag der SPD und Grünen zu spät eingegangen sei. Darin fordern die Oppositionsparteien, dass der Investor fünf Prozent der Wohnfläche für die Soziale Wohnbauförderung garantieren soll. „Wir wollen eine Modifikation erreichen, weil mit diesem Verkauf die Flächen für Wohnbebauung quasi weg sind und zu erwarten ist, dass nur hochpreisige Wohnungen geschaffen werden. So wird die Schieflage bei Bad Vilbeler Wohnungen verstärkt.“
„Wir konnten den Antrag gar nicht eher stellen, haben ja selbst erst in der Ausschusssitzung am Donnerstag nähere Details zu den Plänen erfahren. Dort wurde auch noch nichts beschlossen“, verteidigt SPD-Fraktionssprecher Christian Kühl das Vorgehen. Dieser Antrag wurde von der Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt.
Minkel kontert hier: „Wir werden schon bald mit dem Bau von 60 Sozialwohnungen beginnen. Damit erfüllen wir diese Forderung sowieso. Außerdem erstellen wir die Wohnungen lieber in Eigenregie, denn bei einem privaten Investor fallen die Wohnungen nach einer Zeit aus der Mietpreisbindung heraus und befinden sich dann auf dem freien Markt. Wir aber können die Bindung aufrechterhalten.“
Und so sieht auch Christian Kühl in Sachen erschwingliche Wohnungen noch großen Handlungsbedarf: „Klaus Minkel hat hier gut kalkuliert, er profitiert von den explodierenden Baupreisen. Doch der Normalsterbliche kann sich hier kaum eine Wohnung leisten“, moniert er. An Wohnbauflächen bleiben im Quellenpark nach dem Verkauf noch rund 7000 Quadratmeter in Besitz der Stadt oder der Stadtwerke.
Doch offen sind noch immer große Gewerbeflächen. „Die Grünen waren für das Gewerbegebiet Massenheim, aber immer gegen das Gewerbegebiet zwischen der B 3 und der Bahn, da sie die Gewerbeflächen für überdimensioniert hielten. Die Grünen, die damals im Parlament waren, haben sich gegen Investoren gestemmt und auf Risiken hingewiesen. So ganz falsch lagen sie oft nicht damit. Radeberger ist nicht gekommen, Segmüller baut noch nicht, und die Chinesen sind weg“, bemängelt Matthias.
Sein Kollege Mallmann bedauert in diesem Zusammenhang, dass Anträge der Grünen, durch eine Bebauungsplanänderung auch westlich des geplanten Grünzuges Wohnungen statt Gewerbe zu schaffen, abgelehnt wurden. Somit sei auch die Möglichkeit für soziale Vielfalt unterbunden.