Karben. Auch vom Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) kommt ein nur sehr vorsichtiger Freispruch in Sachen Kreditgeschäfte. Eine „schuldhafte Pflichtverletzung“ könne ausgeschlossen, die Umschuldung „jedenfalls nicht als aufgrund gesetzlicher Vorschriften explizit verboten“ angesehen werden.
Erst vergangene Woche hatte Landrat Rolf Gnadl (SPD) als Chef der Kommunalaufsicht im Vorgehen von Bürgermeister Roland Schulz einen Rechtsverstoß erkannt, diesen aber als nicht schwerwiegend eingestuft. Schulz hatte im vergangenen März 95 Prozent der städtischen Kredite mit einem Umfang von 21,5 Millionen Euro vorzeitig verlängert. Das brachte der Stadt nach Erkenntnissen des Akteneinsichtsausschusses mindestens eine halbe Million Euro Schaden ein. Schulz verteidigt sich, von Niedrigzinsen profitiert und der Kommune 340 000 Euro eingespart haben zu wollen.
Deutliche Kritik äußert der HSGB nun daran, dass der Beschluss zur Umschuldung im Magistrat „nicht genau gefasst, sondern durchaus in der Formulierung auslegbar sei“. Genau dort hatte der Akteneinsichtsausschuss kritisiert, der Magistrat habe nie die Kreditgeschäfte beschlossen, sondern nur eine „Kreditinspektion“. Der HSGB interpretiert nun, dass „im Rahmen einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung davon ausgegangen werden“ könne, dass auch die Umsetzung dieser Inspektion gewollt gewesen sei. Er empfiehlt Schulz aber, seine Formulierungen künftig „sprachlich genauer zu fassen“.
Deutlich ist auch die Kritik der Experten daran, dass Schulz auf Derivate, also von Zinsen abgeleitete Geschäfte, setzte. Diese seien zwar im Fall Karben „noch vertretbar im Sinne einer wirtschaftlichen Haushaltsführung“.
Der Chef des ehemaligen Akteneinsichtsausschusses zu den Kreditgeschäften, Michael Ottens (FWG), wertet das von der Stadt veröffentlichte Schreiben als „im Zweifel für den Angeklagten“. Wie bereits in der Stellungnahme der Kommunalaufsicht fänden sich im HSGB-Schreiben „unentwegt Annahmen“, wodurch die Rechtsverstöße als doch noch tolerierbar eingeordnet würden. (den)