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Vilweler Geschichten

Marktfrau Marie verrät, was früher so alles zur Sonntagstracht einer Frau gehörte

Die erste Ausgabe des städtischen Bekanntmachungsblattes (heute der Bad Vilbeler Anzeiger) erschien im Jahre 1857, wie Marlene Schröder-Greim ihren Zuhörern zeigt.
Die erste Ausgabe des städtischen Bekanntmachungsblattes (heute der Bad Vilbeler Anzeiger) erschien im Jahre 1857, wie Marlene Schröder-Greim ihren Zuhörern zeigt.

Marlene Schröder-Greim vom Geschichtsverein führte als Marktfrau Marie durch zahlreiche „alte Geschichten“. Dabei geht es um das Leben im 19. und 20. Jahrhundert, den Vilbeler Markt und die Vilbeler Wahrzeichen.

 

Bad Vilbel. Innerhalb des Brunnen- und Bädermuseums am Marktplatz ist es kühl, was Marlene Schröder-Greim sehr in die Hände spielt, wie sie sagt, schließlich ist ihr Kostüm nicht gerade hitzetauglich. „Diese Kopfbedeckung nannte man Karnette, das kommt wohl vom französischen ,corvette’“, berichtet sie. Natürlich trage sie zu dieser Führung nicht die Alltagskleidung der Marktfrau Marie, sondern die gute Sonntagstracht. Christine Rademacher, die Schneiderin der Burgfestspiele, habe das Kostüm extra für sie angefertigt, natürlich mit dem Detailreichtum, den man von ihr gewohnt sei.

Freud- und Leid-Schal

„Es geht heute um Geschichten aus dem alten Vilbel“, kündigt Schröder-Greim an. „Ich habe auch einen ,Freud- und Leid-Schal’ dabei, dieser hing den Damen damals um die Schultern“. Er zeichne sich dadurch aus, dass er auf der einen Seite dunkel gefärbt gewesen sei, auf der anderen hell. An Weihnachten in der Kirche, beispielsweise, habe man den Schal mit der dunklen Seite nach oben getragen, Jesus sei schließlich nicht mehr auf der Erde. Sprach der Pfarrer dann die Worte „Er ist auferstanden“ habe man den Schal umgedreht und die helle Seite des Stoffs gezeigt. Die Tracht sei ungefähr zwischen den Jahren 1830 und 1900 so getragen worden.

Weiterhin spricht Marktfrau Marie über das Brunnen- und Bädermuseum. Das Haus sei um das Jahr 1660 errichtet worden, die Kellerräume seien sogar älter. Das Gasthaus „Zum Hirsch“ habe sich danach in dem Gebäude befunden, zeitweilig mit Bierbrauerei, Apfelweinkelterei und Mineralquelle, wie auch das am Haus angebrachte Schild verrät. Zwischen 1717 und 1933 sei die Gaststätte in dem Gebäude gewesen, seit 2010 befindet sich das Museum in dem geschichtsträchtigen Haus.

Im Jahre 1857 wurden die Ausrufer im Ort schließlich von einem Bekanntmachungsblatt ersetzt, den „Vilbeler Anzeiger“ gibt es noch heute. Die erste Ausgabe des Blattes ist noch heute im Stadtarchiv vorhanden, damals noch mit dem Untertitel „Kreis Vilbel“. Der Kreis wurde übrigens 1852 aus den Landgerichtsbezirken Groß-Karben und Rödelheim gebildet. Nach seiner Auflösung im Jahre 1874 gingen einzelne Gemeinden in die Kreise Büdingen, Friedberg und Offenbach über.

Bevölkerung wächst

Erst im Jahre 1917 hatte es in Vilbel den ersten bezahlten Bürgermeister gegeben, vorher sei das Amt ein Ehrenamt gewesen, schildert Marlene Schröder-Greim den Anwesenden vor dem Alten Rathaus. „Das Standesamt hat im Jahre 1854 Männern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, verboten, zu heiraten“, weiß die Stadtführerin.

Vilbel hatte schon immer eine außerordentlich gute geografische Lage, was ein Bevölkerungsboom ausgelöst habe. „1817 hatte Vilbel 1300 Einwohner in 280 Häusern. 1867 waren es bereits doppelt so viele, und zur Jahrhundertwende waren es schon 5000 Einwohner“, erläutert Marlene Schröder-Greim.