Ein bekannter Schokoladenhersteller warb seinerzeit mit dem Slogan „Die zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt!“ Die Facebook-Generation wandelte diesen recht langlebigen Werbeslogan ab in „Die süßeste Versuchung, obwohl es Schokolade gibt.“ und postete zu dieser Liebeserklärung „Gefällt mir!“ Natürlich ist in beiden Fällen Versuchung positiv besetzt und suggeriert: Da kann keiner widerstehen! Kann keiner „Nein!“ sagen.
In der Versuchungsgeschichte, die von Jesus im Neuen Testament überliefert wird (z.B. Matth. 4,1-11), sagt dieser „Nein!“. Interessanterweise fällt sein dreifaches Nein etwas anders aus als vermutet. Bei den ersten zwei Anläufen des Versuchers verlangt dieser von Jesus überzeugende Beweise seiner Gottessohnschaft; bei dem dritten Anlauf zeigt ihm der „Fürst dieser Welt“ die Reiche dieser Welt in ihrer Pracht und Macht und bietet ihm die Weltherrschaft an, wenn er ihm zu Füßen fällt und ihn anbetet. Jesus beruft sich dreimal auf die Bibel Israels, die Thora.
In kritischen Situationen braucht der Glaube Gottes Wort, das Halt und Orientierung gibt, vielleicht am dringlichsten, damit dem Glauben jene Authentizität eigen ist, vor der auch der Teufel kapitulieren muss. (Matth.4,11) Jesus sagt und tut das einzig Richtige!
Der Versuchung erliegen, kann allerdings auch bedeuten, das einzig Richtige nicht zu tun und nicht zu sagen. Dazu eine kurze Geschichte, die in ihrer Aktualität zum Nachdenken anregen will:
Die Hölle war völlig überfüllt und dennoch stand eine lange Warteschlange am Eingang. Schließlich musste der Teufel verkünden, dass nur noch ein Platz frei sei, nur ein ganz schlimmer Mörder könne diesen Platz noch bekommen.
Er befragte der Reihe nach die Leute, aber kein Vergehen schien ihm schwer genug für den letzten Platz in der Hölle. Schließlich befragte er einen etwas abseits stehenden Mann. „Und Sie?“
„Ich bin ein guter Mensch. Ich bin nur aus Versehen hier“, gab dieser zur Antwort. „Ich glaubte, die Leute stehen in der Schlange, um Zigarren zu kaufen.“ „Jeder Mensch stellt etwas Böses an“, sagte der Teufel tief überzeugt. „Nein, ich habe immer nur zugesehen – aber ich habe mich fern gehalten. Ich habe mich nie eingemischt, wenn sie einander erschlagen oder verfolgt haben. Ich habe nie den Mund aufgemacht, wenn Flüchtlinge in ihr Land zurückgeschickt wurden oder Kinder verhungert sind. Ich allein widerstand dem Bösen und tat nichts.“
„Sind Sie sicher, dass Sie nie etwas getan haben?“, gab der Teufel ein letztes Mal zu bedenken. „Ja, sogar wenn es vor meiner Haustür geschah.“ „Mit Ihnen bin ich zufrieden. Sie sind mein Mann. Der Platz gehört Ihnen.“ Und als der Teufel den „guten Menschen“ einließ, soll er sich zur Seite gedrückt haben, um nicht mit ihm in Berührung zu kommen. (Andreas Hohn, Gut und Böse, Zürich 1986)
Eine im Nachdenken und Handeln gesegnete Fastenzeit wünscht
Pfarrer Hans Karl Heinrich, Bad Vilbel-Gronau