Bad Vilbel. „Die Wasserburg ist ein besonderes Kleinod in Hessen“, lobte Wissenschafts-Staatssekretär Ralph Andreas Lorz (CDU), als er der Stadt Bad Vilbel einen Förderbescheid über 90 000 Euro für die Sanierung überbrachte. Die Burg sei ein wunderbares Beispiel dafür, wie denkmalgeschützte Gebäude nicht nur als Stein gewordene Zeugen der Geschichte dienten. Durch die Burgfestspiele werde sie auch belebt und genutzt.
Das Geld ist Teil der 40 Millionen Euro, mit denen der Bund seit einem Jahr erstmals auch die Kultur fördert, die eigentlich Landessache ist. In Hessen werden insgesamt 30 Projekte gefördert, berichtet Jan Viebrock, Vize-Chef des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege.
Die geförderten Objekte müssten „kulturelle Bundesliga“ sein, betonte er und machte drei „Schuldige“ aus, die für den Geldsegen sorgten: die Burg selbst, der Magistrat und der die Sanierung betreuende Bad Nauheimer Architekt Gustav Jung.
Insgesamt kostet die Burg-Sanierung 1,4 Millionen Euro, verteilt auf sechs bis acht Bauabschnitte, erläuterte Jung. Bei der Freilegung des Sandsteinpflasters auf dem Burg-Palas haben die Sanierer eine Überraschung erlebt. Eine Schürfung hat ergeben, dass der Sandstein nicht nur als systematische Abdeckung des Bodens genutzt wurde, sondern auch aus der allerersten Bauphase aus dem 14. Jahrhundert stammt und seither nicht verändert wurde.
Der Grundriss verweist auf die Burg, wie sie bis zu ihrer ersten Zerstörung 1399 bestanden hat. Später fanden die Restaurateure auch noch Gerüsthölzer, die sie auf das Jahr 1409 datieren konnten. Diese befanden sich unterhalb der Schießscharten. Bis dorthin war die Burg damals zerstört worden.
„Die Mauern waren enorm stark zerstört“, sagt Jung. Der damalige Haupteingang der Burg ist heute noch als zugemauerter Rundbogen links neben dem jetzigen Entree zu sehen. Damals führte eine fünf-bögige Brücke „über das Sumpfloch“, erinnerte Jung. Überhaupt sei das Leben in der mittelalterlichen Raubritterburg „extrem bescheiden“ gewesen. Alles war „klein und schmutzig“.
Um 1414 entstand auf der späteren Palas-Fläche ein quadratischer Wohnturm. Der Palas selbst ist erst um 1539 über dem Gewölbekeller errichtet worden, erläuterte der Architekt. Als die Burg 1739 ein zweites Mal zerstört wurde, kam das Sandsteinpflaster aufgetragen. Von dort aus sickert jedoch schon seit geraumer Zeit Wasser ins Gewölbe und Mauerwerk ein.
Nachdem die Schürfung wieder abgedichtet ist, soll nun bald die erste Abdeckschicht aufgetragen werden, in der eine Regenableitung sowie Strom- und Wasserleitungen eingefügt sind. Darüber kommt eine Betonplatte, die auch das ganze Burg-Gemäuer stabilisieren soll. Weil sie keine Auflast tragen, klappen die Burgwände auseinander, erläuterte Jung. Der Beton soll ihnen ein stabiles Fundament geben. Mit eingeplant sind die Stahlplatten für die großen Schirme, die den Palas regenwetterfest machen sollen. Ersetzt werden auch die Restaurationsgebäude, damit der Palas „den Budencharakter verlieren“ soll, betonte Jung.
Dass die Burg Anfang des 20. Jahrhunderts fast verschwunden wäre, könne man sich heute gar nicht mehr vorstellen, erinnert sich der Bad Vilbeler CDU-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Tobias Utter. Bis in die 80er-Jahre habe sie in einem Dornröschenschlaf gelegen. Erst Bürgermeister Günther Biwer (CDU) habe sie mit den Burgfestspielen wachgeküsst.
Nun sei sie „ein kultureller Leuchtturm der Region“ als zweitgrößter Festspielort Hessens mit 70 000 Besuchern. Der Denkmalschutz, der bei vielen Kommunen „nicht immer in gutem Ruf“ stehe, habe sich bei der Burg als hilfreich erwiesen. (sam)