Mit ihrem heute 90-jährigen Mitbegründer Janusz Mlynarski war ein besonderer Gast zur Mitgliederversammlung der Lagergemeinschaft Auschwitz-Freundeskreis der Auschwitzer (LGA) ins Awo-Cafe gekommen. Ein Zeitzeuge erinnert sich – auch an den Todesmarsch.
Bad Vilbel. Janusz Mlynarski wurde in Posen als Johann Müller geboren. Er wurde im Mai 1940 verhaftet und am 14. Juni 1940 mit dem ersten Häftlingstransport ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Trotz widrigster Umstände überlebte er fünf Jahre im Lager. Kurz vor der Befreiung im Januar 1945 wurde er – wie Tausende andere – auf den sogenannten Todesmarsch geschickt. Auch diesen überlebte er. Bei seiner Befreiung im Mai 1945 habe er noch 38 Kilogramm gewogen. Nach dem Krieg kehrte er nach Polen zurück und studierte Medizin. Später war er in Österreich und dann in Deutschland als Arzt tätig. Seit 1978 lebt er in Monheim am Rhein.
Die Mitglieder der Lagergemeinschaft Auschwitz freuten sich über den Besuch des Ehrengastes. Nach den Ausführungen Mlynarskis informiert Christian Steidle, ebenfalls LGA-Mitglied und als Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Freiburg tätig, über die „Häftlingsgruppen unter dem Nazi-Diktat“. So habe es neben den Juden als bekanntester Gruppe weitere Häftlingskategorien gegeben, in die die Nationalsozialisten die Menschen einteilten.
Jeder Häftling im Konzentrationslager bekam eine Häftlingsnummer, „die er auswendig lernen musste“, so Steidle. Zusätzlich sei die Kleidung der Häftlinge mit farbigen Winkeln markiert worden.
So mussten „Homosexuelle“ einen rosa Winkel, „Politische Schutzhäftlinge“ einen roten und „Asoziale“ einen schwarzen Winkel tragen. Die Menschen wurden aufgrund ihrer Ethnie, als Mitglieder religiöser Minderheiten, überzeugte Christen, politisch Andersdenkende oder ihrer Andersartigkeit wegen diskriminiert, verfolgt und in Konzentrationslager verschleppt.
Zudem zeigt Steidle Ausschnitte aus Interviews, die er in fünfjähriger Feldforschung mit Holocaust-Überlebenden geführt hat, unter anderem mit Janusz Mlynarski. Auf ihn sei die Gestapo aufgrund dessen Engagements in der katholischen Kirche schon früh aufmerksam geworden, so Steidle.
Steidles jüdischer Interviewpartner Heinz Kahn berichtet im Film von den entwürdigenden Umständen für die Menschen auf den Transporten in die Lager. So seien 50 bis 60 Menschen ohne sanitäre Einrichtungen und ohne Versorgung mit Trinkwasser in einen Güterwaggon gesperrt worden, sagt Kahn. Nach der Ankunft im KZ sei er von seinem Vater getrennt worden. Dieser habe ihm den Auftrag gegeben: „Du musst überleben“.
Die LGA wurde Ende der 1970er jahre auf Initiative des Auschwitz-Überlebenden Hermann Reineck (1919 – 1995) in der Wetterau gegründet. Dem Verein gehören derzeit 230 Mitglieder an. Die LGA organisiert Informationsveranstaltungen und organisiert regelmäßig Studienfahrten nach Auschwitz und andere Gedenkstätten nationalsozialistischer Verbrechen.
Gedenkveranstaltung der LGA am 9. November, 19 Uhr im Museum der Stadt Butzbach mit dem Sinto und Auschwitz-Häftling Hugo Höllenreiner. Weitere Infos im Internet unter www.lagergemeinschaf-auschwitz.de.