Karben. Zwar sei in seiner Familie keiner ein Opfer des Holocausts geworden, doch „wurden nicht auch mein Schicksal, mein Handeln, meine Werte von der Shoa, vom Völkermord, geprägt?“, fragte Manfred Levy. Unter dem Motto „Jüdisches Leben in Deutschland heute – zwischen Normalität und Befremden“ sprach Levy bei der Gedenkveranstaltung, zu der die evangelische Kirchengemeinde Sankt Michaelis in Klein-Karben, die Initiative Stolpersteine und der Deutsch-Ausländische Freundschaftskreis (DAF) als Erinnerung an die Novemberpogrome von 1938 in das Gotteshaus eingeladen hatten.
Die Veranstaltung wurde musikalisch begleitet von Elisabeth Buchberger an der Violine und Robert Krebs an der Orgel. Nach der Begrüßung durch Pfarrer Werner Giesler fand eine Schweigeminute zur Erinnerung an die ermordeten Juden statt. Er sei in Deutschland geboren, berichtete Levy. Die Mitglieder seiner Familie hätten „gerade noch rechtzeitig Nazi-Deutschland und Österreich“ verlassen können, sagte er. „Ich gehöre zur zweiten Generation.“ 1950 seien die Eltern nach Deutschland zurückgekehrt.
Levy erzählte davon, wie er als jüdisches Kind in den 1950er-Jahren in einer deutschen Kleinstadt aufwuchs, umgeben von christlichen Kindern. „Und egal, wo ich war, ich galt als Experte des Judentums, was ich nicht war.“
Er sei Lehrer an einer jüdischen Schule in Frankfurt gewesen. Heute ist er am pädagogischen Zentrum des Fritz-Bauer-Instituts tätig. Dort sammele man Interviews mit Zeitzeugen, da persönliche Gespräche mit ihnen bald leider nicht mehr möglich seien. Levy zitierte aus Interviews von Holocaust-Überlebenden. „Ich war und bin geprägt von dem Gefühl, dass ich mich, solange ich in Deutschland lebe, für das Judentum engagieren und gegen Antisemitismus und Rassismus eintreten muss.“ (kre)