In der Vilbeler Kernstadt war am 31. Oktober mächtig was los. Von Buchdruck, über Gesang, Essen und Diskussionen gestaltete sich der Aktionstag zum Reformationsjubiläum. Die evangelischen Kirchengemeinden hatten den Luther-Tag organisiert und die Stationen betreut.
Bad Vilbel. In der Stadtbibliothek war eine Druckerpresse aufgebaut. Ein Replikat aus dem Jahr 1450, welches 1992 gebaut wurde. Rund um die Druckerpresse hatte sich eine große Menschentraube gebildet. Alle wollten sehen, wie man vor rund 500 Jahren Seiten gedruckt hat. Und das Beste: Die Zuschauer, insbesondere die Kinder, durften es selbst einmal ausprobieren. Die Druckerpresse war bei der Bibelgesellschaft Kurhessen-Waldeck entliehen.
„Wir haben für heute eine Druckplatte ausgesucht, auf der die Weihnachtsgeschichte vorgeprägt ist“, erzählte Pfarrer Ingo Schütz der Christuskirchengemeinde. Die Kinder durften dann ihre selbst bedruckte Seite mit nach Hause nehmen. Als Geschenk obendrauf gab es die Weihnachtsgeschichte noch als Pixi-Buch.
Die 13-jährige Kim aus Bad Vilbel hatte es auch versucht: „Es ist super interessant und die Gelegenheit eigentlich einmalig.“ Die Leiterin der Stadtbibliothek Bettina Hoppmann-Schrader war ebenfalls begeistert: „Ich freue mich, dass so viele Menschen unterwegs sind und so starkes Interesse zeigen.“ Auch vor dem Kurhaus war am Reformationstag viel los. Dort wurde die frisch zubereitete Erbsensuppe verkauft.
„Der gesamte Vorstand und viele weitere Ehrenamtliche der Gronauer Feuerwehr helfen mit“, so Kassiererin Heidrun Schäfer. Bereits um 13 Uhr waren 500 Teller Suppe, 450 Würstchen und 250 Brezeln verkauft. „Das Luther-Bier ist bereits ausverkauft“, sagte Klaus Splittdorf, Vorsitzender der evangelischen Kirchengemeinde Massenheim. „Das hatten wir extra im Internet bestellt. 200 Flaschen helles und dunkles, malziges Bier.“
Ins Gespräch kommen
Die evangelische Christusgemeinde hatte am Kurhaus eine Luther-Tafel aufgestellt. Jede Gemeinde hatte eine neue These formuliert. „Mit einem Nagel unter dem Plus oder dem Minus kann man seine Zustimmung beziehungsweise Ablehnung ausdrücken“, erklärte Tobias Utter, der Vorsitzende des Dekanatssynodalvorstands im Evangelischen Dekanat Wetterau.
Die Christusgemeinde Bad Vilbel formulierte diese neue These: Die Kirche lebt vor Ort – weder in Rom, noch in Darmstadt. „Denn dort ist die Zentrale der evangelischen Kirche Hessen Nassau“, ergänzt Utter. Natürlich konnten die Bürger auch ihre eigenen Thesen formulieren und anschlagen. „Das Ziel ist es, dass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen und über die Thesen diskutieren.“
Der Andrang an der Luther-Tafel war groß. „Ich habe eine These formuliert, in der es darum geht, dass Gottes Wort nicht nur zur Wissensvermittlung dient, sondern besonders zur Verhaltensveränderung“, so Hans Hoos (76) aus Bad Vilbel. „Das ist mir wichtig.“ Die Luther-Tafel hatte Schreinerin Anette Schmidt entworfen und gebaut.
Auf dem Platz vor dem Alten Rathaus wurde derweil bei einer Podiumsdiskussion über diverse Themen gesprochen. So diskutierten Thorsten Moos, Professor für Religionspädagogik, und Wolfgang Gebhard, Experte für Lebenskunde und Ethikunterricht des Humanistischen Verbandes Deutschland, über Religionsunterricht an staatlichen Schulen.
Regligionsunterricht
Moos sprach sich für den Erhalt aus. „Gerade in der heutigen Zeit von religiöser Pluralität ist der Orientierungsbedarf hoch und deshalb muss das öffentliche System einen Raum dafür bieten.“ Wolfgang Gebhard konterte: „Diese Plattform sollte ein neutraler Ethikunterricht sein. Der Religionsunterricht ist nichts anderes als eine große Werbeveranstaltung für die Kirchen.“
Die Wasserburg bildete das musikalische Zentrum des Reformationsfeiertages. Auf der Bühne wurde ein vielfältiges Programm geboten. Eine Gambengruppe spielte und lud zum Tanz ein. Die Band „BON“ der Christusgemeinde präsentierte Lieder auf der Bühne und im Burgkeller konnten sich Besucher unter Anleitung an historischen Instrumenten ausprobieren.