Karben. Die Kreisstraße 246 zwischen Groß-Karben und Heldenbergen ist zur Rennstrecke geworden, beklagen Stadt und Kommunalpolitik. Selbst im Abschnitt in Höhe des Stadtwaldes, wo viele Fußgänger, Sportler und Radler die Straße queren, geben Autofahrer kräftig Gas. Doch jetzt wird verstärkt kontrolliert.
Es ist ein schöner, sonniger Tag. Ein Jogger kommt aus dem Waldstück neben dem Trimmpfad und will die Straßenseite wechseln, um im anderen Teil des Stadtwaldes weiterzulaufen. Er tritt auf der Stelle, Auto um Auto rast an ihm vorbei. Gegenüber haben zwei Radfahrer dasselbe Problem. Nach gefühlten zwei Minuten klappt es endlich, die Passanten können die Seite wechseln.
Ganz ungefährlich war das nicht, denn es gibt weder einen Zebrastreifen noch eine Ampel. Dafür steht in rund 150 Metern Entfernung ein Schild. Es zeigt als Höchstgeschwindigkeit 70 Kilometer pro Stunde an. Doch wer einen Moment am Straßenrand steht, kann unschwer erkennen, dass viele Fahrzeuge gefühlt schneller unterwegs sind. Der Fahrer eines weißen Mercedes-Sprinters gibt kurz vor der Einmündung zum Trimmpfad-Parkplatz noch einmal richtig Gas. Ein entgegenkommender Motorradfahrer macht es nicht anders. Beides Mal zuckt ein roter Blitz auf: Geschwindigkeitskontrolle im Karbener Stadtwald. Die Gerätschaften hat Stadtpolizist Udo Kürten bereits am Mittag auf der Seite der Kreisstraße in Richtung Heldenbergen aufgebaut. Sie sind für die Fahrer kaum zu sehen: Denn es handelt sich um dunkelgrüne Geräte in grüner Umgebung.
Etliche Kontrollen
»Das Gerät misst in beide Richtungen«, sagt Kürten. Es sei also egal, auf welcher Seite er es aufbaue. An diesem Mittwoch hat er nach längerer Pause die Kontrollen an dieser Raserstrecke wieder aufgenommen. »Das hier ist ein sensibler Bereich«, erklärt er nüchtern, warum er hier des öfteren steht. 70 Kilometer pro Stunde sind als Höchstgeschwindigkeit auf 300 Metern erlaubt. Wer einen Moment ausharrt, sieht warum: Die Kreisstraße führt mitten durch den Wald. Spaziergänger und Sportler queren regelmäßig die Straße.
An einer Landstraße wie dieser genehmigen die Behörden weder Zebrastreifen noch Ampel. Dafür haben sie die einst marode Straße grundhaft saniert. »Das war vorher schon eine Strecke, auf der viele zu schnell waren. Aber jetzt ist das noch mehr geworden«, beklagt Kürten. An diesem späten Nachmittag kann sich jeder selber davon überzeugen. Im Sekundentakt zucken die Blitze auf. »Wegen der Lichtverhältnisse habe ich hier einen Zusatzblitz aufgebaut«, erklärt der Spezialist für Radarkontrollen.
Würde man die Zahl der Übertretungen mittels Strichen auf einer Liste markieren, käme man kaum nach. Die Temposünder werden quasi im Minutentakt geblitzt. An diesem Nachmittag ist besonders viel Verkehr. Die Leute wollen offenbar ins lange Wochenende, und da haben sie es besonders eilig. Weniger aus Heldenbergen als vielmehr aus Richtung Karben kommen die weitaus meisten Temposünder. Aufgrund des Tempo-70-Schildes scheint kaum jemand abzubremsen. Im Gegenteil: Manche geben sogar in Höhe der Waldwege noch mal richtig Gas. Ein Laie würde den Kopf schütteln, für Kürten ist das »ganz normal«.
150 sind viel zu schnell
Die passenden Statistiken hat er zum vereinbarten Termin mit der Presse auch gleich mitgebracht. Innerhalb von fünf Stunden hat der Radarstrahl rund 2000 Fahrzeuge aller Art erfasst. Davon waren rund 150 viel zu schnell unterwegs. »Der Spitzenreiter ist 123 Sachen gefahren«, liest Kürten auf dem Display seines Computers ab. In Wahrheit dürfte der Fahrer dieses Autos noch schneller gewesen sein: Das Radargerät löst aufgrund der gerichtlich vorgegebenen Toleranz von neun Kilometern pro Stunde also erst bei Tempo 80 aus.
Nach fünf Stunden baut Kürten seine »Versuchsanordnung«, wie er es nennt, wieder ab. Jetzt wartet im Büro noch jede Menge Arbeit, um die Bescheide für Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder heraus zuschicken. Trotz des Aufwandes will Kürten hier aber regelmäßig weiter blitzen. »Das ist wichtig für die Sicherheit.«
Statt 70 mit Tempo 166 gemessen
Regelmäßig taucht der VW Bus im Stadtwald in Höhe des Trimmpfad-Parkplatzes auf. Die Stadtpolizei belegt dies mit konkreten Daten und Fakten. Detailliert listet Udo Kürten auf, wann er vor Ort war und wie viele Fahrzeuge insgesamt gemessen wurden und wie viele davon zu schnell waren. Sechsmal hat er im vergangenen Jahr hier gemessen, im April, Juni, Juli, September, Oktober und November. Die Überschreitungen waren zum Teil erheblich. Statt der erlaubten 70 fuhren die jeweiligen Spitzenreiter 100, 120, 116, 117 und 123 Kilometer pro Stunde. Absoluter Spitzenreiter war ein Autofahrer mit 166 am 18. Juli 2019. Ganz so arg ist es in diesem Jahr bisher nicht: 111, 112 und, wie jetzt bei der jüngsten Kontrolle am Nachmittag vor dem langen Wochenende, 123 sind die Spitzenwerte. (pe)