Bad Vilbel. In den Regalen des hell erleuchteten Raumes warten prall gefüllte grüne Körbe mit Salat und Gemüse auf Kunden. Auf den Tischen stehen ebenso volle rote Körbe, in denen eine bunte Warenpalette ausgebreitet wird: Lachs, Kefir, Baguettes, Backwaren, Wurst, Eier oder Fertiggerichte. In den Büros nebenan hängen lange Listen für Fahrer, Sortierer und Bürokräfte.
Mit Tante Emma hat das nichts mehr zu tun, was 50 bis 60 Helfer vom Verein Nachbarschaftshilfe mit dessen Bad Vilbeler Tafel vor Wochen auf die Füße gestellt haben. Es ist beinahe ein Supermarkt, der nun bereits zum zwölften Mal seine Pforten für Bedürftige geöffnet hat.
Jede Woche werden dort Lebensmittel kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums im Wert von 1500 Euro verteilt, erläutert Mit-Organisatorin Iris Stockbauer. Das seien bisher fast 20 000 Euro an Hilfen – „dafür haben die Spender ein dickes Lob verdient.“
65 Abholer haben sich an diesem Mittwochnachmittag angemeldet, um die Inhalte der fertig gepackten Körbe mitzunehmen, das sind mit den Familienangehörigen insgesamt 102 Personen. Bei den Hilfesuchenden gibt es zwei Gruppen: Rentner und allein erziehende Mütter, etwa eine Frau mit einem Jungen (14) und zwei Mädchen im Alter von 14 und acht Jahren. Alle müssen ihre Bedürftigkeit nachweisen mit Bescheiden von der Jobkomm oder des Sozialamtes.
Rasch hat sich das Tafelangebot etabliert. Am 3. September startete es mit 39 Abholern, nun sind es bereits 75. Bei 80 Abholern müsse der Verein einen Stopp einlegen und versuchen, einen zweiten Ausgabetag zu organisieren, so Stockbauer. Wenn Wartelisten nötig würden, müssten auch Prioritäten gesetzt werden, betont die Tafel-Mitarbeiterin. An erster Stelle stehen die Alleinerziehenden, dann kommen Rentner und erst später Langzeitarbeitslose.
Sie habe wenig Verständnis für Leute, die über lange Zeit nichts anpackten, räumt Stockbauer ein. Angesichts der vielen Stellen, die für soziale Leistungen zuständig seien, falle es schwer, den Überblick zu behalten. Dennoch habe sie den Eindruck, die Vilbeler Tafelkunden seien „Menschen, die froh sind, dass ihnen jemand die Möglichkeit gibt, ein bisschen Geld einzusparen“. Von Zuständen wie in Frankfurt, wo Tafelmitarbeiter aggressive Besucher wegschicken müssten, sei man weit entfernt.
Helmut Hinkel, der die Anmeldungen bearbeitet, berichtet, er habe nur zwei Personen keinen Ausweis aushändigen können. Er sitzt auch an der Kasse, pro Antragsteller kassiert er einen Euro, mit Angehörigen kostet die Abholung zwei Euro. Dass die Tafel reibungslos funktioniert, hat auch mit dem immensen Aufwand zu tun, den die ehrenamtlichen Helfer leisten. Zu Buche schlagen nicht nur die 15 Stunden, die wöchentlich allein für Abholen der Spenden an 15 Orten in Vilbel und der Umgebung nötig sind. Dazu kommen das Herrichten der Lebensmittel, etwa das Aussortieren welker Salatblätter. Vor allem aber sorgt ein ausgeklügeltes System dafür, dass es weder Schlangen noch Unruhe bei der Ausgabe gibt. Die fertig gepackten Körbe können aber noch umgeräumt werden. Allein lebende Männer etwa möchten lieber Konservendosen, junge Mütter dafür frisches Gemüse. Besonders gefragt, aber nicht immer ausreichend vorhanden sind Artikel wie Eier, Milch, Reis, Marmelade. Noch frische Delikatessen oder Leckereien halten die Helfer hfür die Tage vor dem Fest zurück.
Mangels Lagerkapazität kann die Tafel gelieferte Spenden aber nur sehr begrenzt lagern. Was bei der Ausgabe übrigbleibt, muss sogleich an andere Tafeln in Frankfurt und Maintal weitergegeben werden. Die Helfer selbst verpflichten sich, nichts davon für sich zu behalten.
Es gibt großzügige Spenden, etwa eine kleine Küchenzeile, einen Großkühlschrank oder Bürogeräte, die die Arbeit erleichtern. 20 000 Euro benötigt die Tafel im Jahr, die Stadt unterstützt sie mit 6000 Euro, weitere 2000 kommen durch die Beiträge der Kunden zusammen. Die Idee ziehe langsam Kreise, freut sich Stockbauer. In diesem Jahr können sich die mit bei der Tafel angemeldeten Kinder auch kleine Wünsche bei einer Weihnachtsaktion der Saalburgschule erfüllen lassen. Und wenn es klappt, dann dürfen sich alle Tafelkunden auf eine schöne Einladung freuen.
Anmeldungen mittwochs von 9 bis 12 Uhr im Tafelbüro, Ritterstraße 34. Spenden werden erbeten auf das Konto 270 406 91 Sparkasse Oberhessen, BLZ 518 500 79