Die Windkraft ist in der südlichen Wetterau im Aufwind. Nicht bloß ein paar weitere Windräder dürften sich schon binnen zwei bis drei Jahren im Windpark Karben drehen. Die Planungen sind so stürmisch, dass dort womöglich bis zu 16 Rotoren Strom erzeugen. Bad Homburg macht mit und die Mainova ebenfalls.
Karben. Kalt und ungemütlich ist das Wetter. Doch die Fußgängerin mit ihrem Hund hält das nicht vom Spaziergang hinauf zum Schäferköppel ab. Hier oben pfeift der Wind beständig. Die Rotoren der vier mächtigen Windräder schneiden von unten in die tiefhängenden, grauen Wolken. Die Flügel rauschen durch die Winterluft.
Mit seinen vier Anlagen ist der Windpark Karben bereits einer der größten im Frankfurter Umland. Er ist auf dem Weg, alle anderen abzuhängen. Denn die Ideen für den Ausbau des Windparks sind stürmisch. Im Städtedreieck von Karben, Frankfurt und Bad Homburg blühen in allen drei Kommunen die Vorhaben, beim Ausbau der erneuerbaren Energie teilzuhaben.
Städte kooperieren
Den Auftakt dazu machten die Karbener: Seit dem vergangenen Jahr verhandeln sie mit dem ostfriesischen Windrad-Riesen Enercon darüber, den vier Windrädern weitere zur Seite zu stellen. Für die Partner begann das als Zweckehe vor Gericht (siehe „Stichwort“). Inzwischen sei die Atmosphäre freundlich und partnerschaftlich, freut sich Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Er sieht es ganz pragmatisch: Besser mit Enercon bauen als Schadenersatz zu zahlen.
Und: Besser die Stadt baut die weithin sichtbaren Anlagen selbst, als dass – wie bei den existierenden Windrädern – Private den Gewinn abschöpfen. Mit den gesicherten Einspeisevergütungen sind die Rotoren sichere und ertragreiche Anlagen. Zumal der Wind rund um den Schäferköppel reichlich weht.
Inzwischen haben sich die Karbener mit den Bad Homburgern zusammengetan. Auch die Nachbarstadt will in neue Windräder investieren. „Wir wollen die Nachbarn einbeziehen und ihnen nicht etwas vor die Nase setzen“, sagt Rahn und fügt hinzu: „So wie in Friedberg und Wöllstadt.“
Die Bad Homburger sind mit Euphorie dabei: Zehn Millionen Euro haben sie für die Windräder in den 2012er-Wirtschaftsplan ihrer Stadtwerke eingestellt. Nach dem Willen von Stadtrat Peter Vollrath-Kühne (FDP) sollen sich schon 2014 die ersten Windräder drehen.
Beim gemeinsamen Vorgehen gewinnen alle Partner: Die Bad Homburger haben das Geld, die Karbener die Flächen, Enercon das Know-how. Größtenteils sollen die neuen Windräder auf Karbener Stadtgebiet entstehen. 43 000 Quadratmeter zwischen Kloppenheim und Ober-Erlenbach, zwischen Nieder-Erlenbach und Petterweil hatte bereits der frühere Planungs- und heutige Regionalverband für Windenergie vorgesehen.
Dort wollen Karben, Bad Homburg und Enercon nun sechs weitere Windkraftanlagen im Umfeld der heutigen Rotoren gemeinsam errichten, erklärt Bad Homburgs Stadtwerke-Chef Ralf Schroedter. „Sodass es optisch eine Linie gibt.“ Teilweise gehören die Äcker in Karben sogar der Stadt Bad Homburg.
Noch einmal zwei Windräder wollen die Bad Homburger allein bauen: nördlich der Ober-Erlenbacher Straße in Richtung des neuen Petterweiler Waldes. Auf welcher Fläche genau, ist laut Schroedter noch unklar.
Jede der acht Anlagen wird drei bis vier Millionen Euro kosten und – je nach Windaufkommen – 2,5 bis 3,5 Megawatt Leistung liefern. Macht bis zu 32 Millionen Euro an Investitionen. Damit wüchse der Karbener Windpark von heute vier auf zwölf Rotoren.
Mainova baut selbst
Das ist nicht alles: Der Frankfurter Energieversorger Mainova plant in einem eigenen Projekt weitere vier Anlagen in der Nachbarschaft. Dafür nutzt die Mainova nur das Gemarkungsgebiet des Frankfurter Stadtteils Nieder-Erlenbach, erklärt Firmensprecherin Ulrike Schulz. „Derzeit prüfen wir die genauen Standorte.“ Drehen sollen sich die Räder binnen zwei bis drei Jahren. Betreiben soll sie die Abo Wind AG aus Wiesbaden – wie schon die Rotoren unweit von Wöllstadt. Proteste aus der Bevölkerung wie dort erwartet Bürgermeister Rahn für die neuen Windräder nicht. Negative Meinungen aus der Bevölkerung seien ihm überhaupt nicht zu Ohren gekommen – ebenso wenig wie für die Idee, auf der Höhe zwischen Burg-Gräfenrode und Ilbenstadt weitere Rotoren aufzustellen.
So drückt auch Rahn aufs Tempo: Im Januar will er die Planungen vorstellen. Und im Februar soll Karbens Parlament einen Grundsatzentscheid fällen. Danach brauche es mindestens ein Jahr „allein für die Gutachten“, dann folgten Genehmigungsverfahren und das Bestellen der Anlagen. Schon 2013 oder 2014 die ersten Anlagen in Betrieb zu nehmen ist aber Ziel. „Das Vorhaben“, räumt Guido Rahn ein, „ist schon sehr ambitioniert.“ (zlp)