Karben. Seit wegen der Pandemie viele zu Hause arbeiten und der Datenfluss wegen der stark zunehmenden Digitalisierung immer größer wird, werden neue Rechenzentren gebraucht. Eins könnte eines schönen Tages in Karben entstehen. In Rendel wäre nahe dem Umspannwerk ein riesiges Grundstück frei.
Mobiles Arbeiten, Home Entertainment und virtuelles Lernen – nicht erst durch die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung einen mächtigen Schub erhalten. In den meisten Karbener Stadtteilen gibt es mittlerweile schnelles Internet, weil die Stadt bereits seit 2016 auf die Vectoring-Technik setzt und damit die Datenübertragung schneller macht. Für etliche Firmen im Gewerbegebiet war diese Technik dennoch nicht schnell genug. Hier hat die Stadt im Zuge eines Interessenbekundungsverfahrens dafür gesorgt, dass den Firmen nun seit Kurzem auch das ganz schnelle Glasfasernetz zur Verfügung steht.
Weil der Datenverkehr immer mehr zunimmt, bedarf es nicht nur eines gut ausgebauten Netzes, sondern auch entsprechend groß ausgestatteter Rechenzentren, wo die Daten zusammenlaufen. Der große Internet-Knotenpunkt ist nicht weit von Karben entfernt: in der Großstadt Frankfurt. In der Bankenmetropole fließen besonders große Datenströme durch die Leitungen.
Doch die Firmen, die diese Rechenzentren betreiben, schauen schon voraus. Sie suchen nach weiteren Standorten, und die müssen nicht in Frankfurt sein. »Es gibt mittlerweile bei uns Anfragen«, sagte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) während der jüngsten Stadtparlamentssitzung. Karben als Standort eines Rechenzentrums? Vorstellen kann man sich das bei der Stadtverwaltung inzwischen offenbar. Denn zur jüngsten Sitzung der politischen Gremien stand das Thema zwei Mal auf der Tagesordnung. Die CDU-Fraktion forderte einen weiteren Ausbau des Glasfasernetzes. Und die Stadt will einen Bebauungsplan für das Gebiet »Schultheisenwiese« in Rendeler Gemarkung aufstellen.
Nähe zum Umspannwerk wichtig
Bei dem 4,9 Hektar großen Areal handelt es sich um die ehemalige Gärtnerei Kenning. Die Stadt hatte das Grundstück nahe der Bundesstraße 521 erworben, wie sie bereits Ende Mai in Beantwortung einer Anfrage der Freien Wähler bekannt gegeben hat. Was seinerzeit noch nicht gesagt wurde: Dort könnte ein Rechenzentrum gebaut werden. In der Vorlage an die Stadtverordneten heißt es dazu: »Die Flächengröße, die verkehrsgünstige Lage und unmittelbare Nähe zum benachbarten Umspannwerk machen den Standort für die Ansiedlung von Rechenzentren interessant.« Denn genau das benötigten die Rechenzentren: große Flächen und eine gute Anbindung an die Strom- und Datennetze.
Die Reaktion der Fraktionen fiel teils positiv, teils abwartend aus. CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Beck würde ein solches Rechenzentrum begrüßen. In Zukunft würden die Rechenzentren weiter wachsen. »Und wir in Karben müssen sehen, dass wir dabei sind.« Ein solches Zentrum würde zwar nicht viele Arbeitsplätze bringen, aber auch keinen Lkw-Verkehr. Zudem würde die Stadt beim Verkauf des Grundstücks einen hohen Erlös erzielen können, pries er die Vorteile.
SPD-Fraktionschef Thomas Görlich hält die Idee für »grundsätzlich in Ordnung«. Die Rechenzentrumsbetreiber würden ganz genau schauen, wo sie sich ansiedeln wollen. »Über die Ausgestaltung des Gebäudes müssen wir aber noch reden«, betonte er in der Sitzung. Grünen-Chef Rainer Knak verwies auf die verstärkte Online-Nutzung. »Das bringt einen riesigen Rechnerbedarf.«
Der Vorsitzende der Freien Wähler, Thorsten Schwellnus, äußerte sich skeptischer. »Man muss sich nur mal die hässlichen Klötze in der Hanauer Landstraße in Frankfurt anschauen.« Er wolle so etwas in Karben nicht haben.
Langwieriges Planungsverfahren
Aber bis zu einer Entscheidung dürften noch Jahre vergehen. Denn zunächst haben die Stadtverordneten nur die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Dieser soll im sogenannten zweistufigen Normalverfahren geführt werden. Zudem muss auch der Regionalverband ein Wörtchen mitreden: Die stillgelegte Gärtnerei ist in den Regionalplänen gar nicht eingezeichnet. Bis das ganze Plan-Prozedere durch ist, dürften also gut zwei Jahre ins Land gehen.