Karben. Das »Kuhtelier« im Hof des Groß-Karbener Schlosses von Leonhardi ist eine besondere Location, und wenn die kommissarischen Vorsitzenden der SPD Karben, Miriam Bickelhaupt und Benedict Heybeck, ihre Mitglieder dorthin zur Versammlung einladen, sind nicht nur trockene Feststellungen und Beschlussfassungen zu erwarten. Auch wenn die Tagesordnung, quasi als Pflichtprogramm, die Wahl von jeweils acht Delegierten zur Wahlkreisversammlung für den Landtagswahlkreis 25 Wetterau sowie den Unterbezirksparteitag zur Aufstellung der Landesliste für die Landtagswahl 2023 vorsieht.
Diese formale Prozedur ging reibungslos und rasch über die Bühne. Gast Lisa Gnadl, Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD Wetterau, verband die Wartezeit während der Stimmenauszählung mit ihrer Einschätzung zur aktuellen Bundespolitik sowie dem Hinweis auf die bevorstehende Landtagswahl im nächsten Jahr, zu der sie im benachbarten Wahlkreis 26 wieder als Direktkandidatin nominiert wurde. Gast Lukas Dittrich, Vorsitzender der Wetterauer Jusos und Kreistagsmitglied, berichtete von der Arbeit der Kreistagskoalition und erinnerte daran, dass 2023 auch eine Landratswahl stattfinden werde. Für die SPD solle Rouven Kötter kandidieren, Erster Beigeordneter im Regionalverband FrankfurtRheinMain und früherer Bürgermeister von Wölfersheim.
Nach den beiden Wahlgängen freuten sich Bickelhaupt und Heybeck, das neue Mitglied Jason van Schaick begrüßen zu können. Jason ist 19 Jahre alt, macht eine Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration bei der DB und wohnt in Klein-Karben. Gnadl überreichte ihm sein rotes SPD-Parteibuch. Dittrich hofft auf Mitarbeit bei den Wetterauer Jusos. Dittrich: »In Karben führen zwei Jusos den SPD-Ortsverein, und es ist toll zu sehen, was Miriam und Benedict in kurzer Zeit alles gelernt haben und was sie alles erfolgreich anpacken.«
14 neue Mitglieder
Noch etwas Statistik: Miriam Bickelhaupt teilte mit, dass die SPD Karben seit Beginn der Corona-Pandemie insgesamt 14 Mitglieder hinzugewonnen habe, davon zehn durch Eintritt und vier durch Zuzug aus anderen Orten.
Aus den Lautsprecherboxen klang dezent »Morning has broken« von Cat Stevens als Einleitung der Ehrung für 50 Jahre SPD-Mitgliedschaft. Fritz Amann rief Ereignisse des Jahres 1972 in Erinnerung und sagte: »Frithjof Schumann aus Klein-Karben ist 1972 in die SPD eingetreten, da ihm einiges in der Politik, insbesondere während der Amtszeit Konrad Adenauers, nicht gefallen hat. Zudem stand Frithjof auch immer der Gewerkschaft nahe«. Sein Motto gelte auch heute noch: »Einigkeit macht stark.« Lisa Gnadl überreichte die Jubiläumsurkunde und steckte die Ehrennadel gleich an Schumanns Jackenrevers.
Der nächste »50-Jährige« ist vielen Karbenern bekannt: Ehrenstadtrat Hans Puchtinger aus Groß-Karben war zwölf Jahre hauptamtlicher Erster Stadtrat unter Bürgermeister Detlev Engel, aber schon in den 1970er Jahren ehrenamtlich im Stadtparlament aktiv.
»Damals war tatsächlich eine Zeit des Aufbruchs, sowohl bundespolitisch als auch in Karben«, sagte Puchtinger. Er plauderte aus dem Nähkästchen über die »Gründerzeit« der Stadt Karben. Viele Millionen Mark wurden seinerzeit »versenkt«, aber im positiven Sinne: für Bau und Erneuerung der Kanalisation. Die Errichtung der Kläranlage, des Hallenfreizeitbades, des Rathauses mit Bürgerzentrum folgten, ebenso die Entwicklung des Gewerbegebiets in Klein-Karben. Auf diesem Fundament stehe die Stadt Karben seit über 50 Jahren, habe sich behutsam weiterentwickelt und nun endlich auch die Einstufung als Mittelzentrum verdient, was aber trotz mehrmaliger Anläufe bereits während Puchtingers aktiver Zeit immer wieder von der Landesregierung abgelehnt worden sei – auch von der aktuell amtierenden. »Daher ist es richtig, dass die Stadt beabsichtigt, gegen diese Ablehnung durch die Landesregierung vor Gericht zu klagen«, so Puchtinger.
Für 40 Jahre SPD-Zugehörigkeit ließ Amann das 1982 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson von Nicole gesungene Siegerlied »Ein bisschen Frieden« erklingen. Damals waren die Stationierung von sowjetischen Mittelstreckenraketen und die beabsichtigte Antwort des Westens (»NATO-Doppelbeschluss«) Anlass für viele Demonstrationen in Deutschland – heute werden tatsächlich russische Raketen auf die Menschen in der Ukraine abgeschossen.
Wie Amann erzählte, trat Jubilar Rüdiger Trebing 1982 in seinem damaligen Wohnort Frankfurt in die SPD ein. Später in Karben war Trebing 15 Jahre Mitglied im Ortsbeirat Groß-Karben und im Stadtparlament. Derzeit wirkt er im SPD-Vorstand als Beisitzer und Pressesprecher mit. (zlp)