Usingen. Der Landwirt baut an, was er für richtig hält und wofür es Fördermittel vom Staat sowie der EU gibt. Gut leben lässt es sich von der Landwirtschaft aber trotzdem nicht, weiß Landwirt Jörg George. Vor allem Überproduktion und Preisverfall machen der Landwirtschaft zu schaffen.
Deshalb will Jörg George vom Talhof eine neue Richtung einschlagen. Die Verbraucher sollen bei ihm künftig in Form einer Wirtschaftsgemeinschaft mit ins Boot genommen werden, die den ökologischen Anbau und damit die Ernte mitbestimmt. Dazu möchte er im kommenden Jahr solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi, betreiben.
Die Idee ist folgende: „Es gibt eine Anteilseigner-Gemeinschaft, die sich darauf einigt, was der Landwirt ein Jahr lang auf einem eigens dafür ausgemachten Feld anbaut. Dafür werden alle anfallenden Kosten errechnet und der Gemeinschaft bekannt gegeben. Das schließt meine Arbeitskraft und Maschinen ein“, erklärt er. Sodann hat jeder einzelne der Gemeinschaft die Möglichkeit ein Gebot abzugeben. Damit sichert er dem Landwirt die Existenz und der Gesamtgemeinschaft die Ernte, „sofern es keinen Totalausfall gibt, was bislang aber noch nicht vorkam“.
Bei den Geboten handelt es sich um die Jahresbetrag-Zusicherung an den Landwirt, der monatlich gezahlt wird. Das Besondere: Die Gebote werden an den Landwirt geheim abgegeben, so dass jeder den Betrag verbindlich angeben kann, den er bereit ist zu zahlen.
Geheim, damit es keinen Futterneid gibt, denn die Beträge können ganz unterschiedlich ausfallen. Bekannt sind sie nur dem Landwirt, der zugleich die Verwaltung und Verschwiegenheitsverpflichtung über die Gebote übernimmt. „Bei den Beträgen läuft das nach dem Prinzip, dass jeder so viel gibt wie er kann und was es ihm auch wert ist“, unterstreicht George. Sollte der Betrag nicht zusammenkommen, „dann muss die Gemeinschaft nachjustieren. Denn ohne die Zusage, dass die Kosten gedeckt sind, kommt das Ganze nicht zustande.“ Der Solidar-Gedanke spielt bei Solawi die größte Rolle. „Nur dann funktioniert das.“ Wer es sich leisten kann, sollte einen größeren Betrag angeben, im Gegenzug können auch Menschen mit wenig Einkommen von der feldfrischen Ernte profitieren.
Mit dem Erwerb eines Anteils ist allerdings nicht gesagt, wie umfangreich am Ende das Ergebnis ist. Der Ertrag wird gleichmäßig auf die Anteilseigner verteilt, egal welchen Geldbetrag sie dafür zur Verfügung stellten. Weiß jemand schon vorher, dass er ein großer Verbraucher ist, kann er auch zwei Anteilsscheine erwerben, bekommt also zwei Körbe zugeteilt. Die Gefahr, dass sich dann auch Menschen einen hohen Ernteanteil mit einem winzigen Geldbetrag erkaufen, „die besteht zwar grundsätzlich, ist aber aus der Erfahrung anderer Solawi-Gemeinschaften eher sehr gering.“ Praktisch sieht das System die wöchentliche Abholung der Ernte an Verteilstellen vor. Zunächst auf seinem Hof. Wer in seinem Korb Ware finde, die er nicht mag, kann sie in der Tauschkiste lassen und aus selbiger etwas mitnehmen was dem eigenen Gusto entspricht. Dazukaufen müssen die Anteilseigner sicherlich anfangs auch. „Der Grundgedanke bezieht sich dabei eben nicht auf die Haltung ,Was bekomme ich für mein Geld?’, sondern ,Wie kann ich nachhaltig Einfluss auf die Erzeugung, Landwirtschaft und den ökologischen Kreislauf nehmen?’“, schildert George. „Was und wie viel angepflanzt wird, entscheidet die Gemeinschaft“, erklärt er. Rund sechs Hektar seines Landes stellt er dafür zur Verfügung. Wöchentlich wird der Landwirt über die Arbeiten berichten und Veranstaltungen auf dem Hof organisieren. Mitarbeiten ist übrigens erwünscht und kann insgesamt die Kosten senken. Die Gemeinschaft verpflichtet sich jedes Jahr neu, damit Interessenten dazukommen oder aber aussteigen können.
Wer sich für Solawi interessiert, ist für Samstag, 26. November, um 10 Uhr zur Infoveranstaltung in die Eichkopfhalle eingeladen. Mehr Infos gibt es per Mail unter talhof@talhof-usingen.de.