Beim Roggauer Bauerntheater ist bereits am Freitag, 18. November, die Premiere für das Theaterstück „Auf gute Nachbarschaft“. Deswegen heißt es proben, proben, proben.
Karben. Heiß geht es her in der Mehrzweckhalle von Burg-Gräfenrode, denn auf der Bühne entbrennt ein Streit um aushäusige Vergnügungen und delikate Bekleidungsstücke. „Sage mal“, stellt Hans-Peter seine Ehefrau zur Rede. „Mit wem seid ihr denn gestern unterwegs gewesen und habt euch amüsiert?“
In das gleiche Horn stößt sein Kumpel Ernst-Wolfgang. Dessen Ehefrau guckt verschämt, aber auch ein wenig trotzig. Denn es ist wahr, beide Frauen sind aus dem Ehealltagstrott ausgebrochen. Und nun hängen an dem Maibaum auf dem Dorfplatz zwei Damen-Unterhosen.
Das gibt Anlass für Grübeleien, denn wem gehören diese Wäschestücke und wer hat sie aufgehängt? Auch die beiden Ehemänner sinnen darüber nach, denn ihre Erinnerungen an den gestrigen feuchtfröhlichen Skatabend sind nur nebelhaft. „Ich habe einen Filmriss“, bekennt Hans-Peter und verlangt: „Das muss unter uns bleiben“. Bei den Familien Aumüller und Dürr ist nichts mehr, wie es vorher war. Das liegt vor allem an den neuen Nachbarn im Dorf. Dabei hatte es doch so verheißungsvoll begonnen, denn wer freute sich nicht, wenn ein Bischof und ein Küster als Zuzug angekündigt werden.
„Ich möchte, dass sich das Publikum nicht langweilt“, sagt Regisseur Tom Meusert, der mit sechs Laienschauspielern die Komödie einstudiert. In drei Akten entspinnt sich die turbulente Geschichte, für jeden Darsteller gibt es die passende Rolle. Oder sie wird passend gemacht, denn weil männliche Roggauer fehlen, die Theater spielen wollen, schlüpfen zwei Frauen in die beiden männlichen Hauptrollen. Kein Problem ist das für Iris Sandhofen.
Hosenrollen
„Du windiges Würstchen, du Depp, du Zwerg“, schimpft sie in Männerkleidung und baut sich am Gartenzaun auf, um ihren neuen Nachbarn zur Rede zu stellen. Sie ballt die Fäuste, stiert ihn an und fällt fast in den Zaun vor Zorn, so dass Freund Ernst-Wolfgang (Pia Hahn) sie besorgt am Hemdzipfel zurückzieht. Bei dieser Szene muss Regisseur Meusert anerkennend grinsen. Wer von den Darstellern nicht gerade selber auf der Bühne steht, fängt an zu lachen. „Verausgabe dich nicht zu sehr und pass auf, dass du morgen noch Stimme hast“, mahnt Meusert. Die letzten beiden Wochen vor der Premiere haben es in sich.
Dreimal die Woche ist Probe. Und am Bühnenbild muss auch noch letzte Hand angelegt werden. Das ist besonders das Metier von Roland Seibel, der so überhaupt zum Theaterspieler avancierte. Denn anfangs unterstützte er nur auf der technischen Seite das Bauerntheater Roggau und kümmerte sich mit Ehefrau Kornelia um ein schön gemaltes Bühnenbild. Doch dann sagte er irgendwann: „Ich würde ja auch schon einmal mitspielen“. „Hätte ich nicht tun sollen, denn sofort war ich verhaftet“, bekennt Seibel. An seinem Grinsen ist zu erkennen, dass er mit seiner neuen Rolle sehr gut klar kommt.
Im aktuellen Stück mimt Seibel den zugezogenen Nachbarn mit dem schönen Vornamen Friedhelm und muss in der Gartenzaun-Szene dem aufgebrachten Hans-Werner die Stirn bieten. Ina Noschitzka steht an seiner Seite als junge Frau Jenny. Mit im Spiel sind noch zwei kecke Schwestern (Maggy Goldmann und Monika Moscherosch), die wimpernklimpernd die männliche Skatrunde aufmischen. Die beiden biederen Ehefrauen (Sylvia Weißmüller und Ilka Steinert) sind neugierig auf die neuen Nachbarn und erleben ihr blaues Wunder mit ihren Ehemännern.
Regisseur Meusert hat genaue Vorstellungen, wie das Stück und die einzelnen Szenen packend gestaltet werden müssen. „Keine langatmigen Dialoge“, das ist sein Credo. Um das zu erreichen, wird immer wieder an den Rollen gefeilt und werden Texte gekürzt. Für zusätzliche Würze sorgt das umgangssprachliche Hessisch, das jeder verstehen kann. „Kein Wetterauer Platt, das wollen und können wir nicht, auch wenn wir uns Bauerntheater nennen“, stellt Meusert klar. Der Regisseur kann auch in diesem Jahr auf seine erfahrenen Laienspieler setzen. „Klar sind wir wieder dabei, es macht einfach zu viel Spaß“, sagt Iris Sandhofen.
Wo es Karten gibt
Das traditionelle „Roggauer Bauerntheater“ findet vom 18. bis 20. November in Burg-Gräfenrode in der Mehrzweckhalle der FSG statt. Premierenabend ist am Freitag, 18. November. Die Vorstellung beginnt um 20 Uhr, Einlass ist ab 19 Uhr. Zu gleichen Zeiten folgt am Samstag, 19. November, eine weitere Aufführung. Am Sonntag, 20. November, ist das Bauerntheater ab 18 Uhr zu erleben, Einlass ab 17 Uhr. Ab sofort sind Karten bei folgenden Vorverkaufsstellen erhältlich: Textilpflege Bielesch, St.-Egrève-Straße 17, Sparkasse Oberhessen – KompetenzCentrum in Karben sowie samstags und sonntags von 8 bis 11 Uhr beim Backwaren-Verkauf im Mütterzentrum. Der Kartenpreis beträgt 10 Euro, die Platzwahl ist frei. (cwi)