Karben. Es ist Dienstagmorgen, 9.30 Uhr. Bei Angelika Link in Petterweil klingelt es an der Tür. Golden Retriver Balu läuft bellend zur Tür. Angelika Link hängt sich den bereitstehenden Rucksack um, geht langsam zur Tür, schiebt den Hund beiseite und verlässt das Haus. Draußen am unteren Treppenabsatz wartet Gloria-Sylvia Altmann vom Nachbarschaftshilfe-Verein „Herz und Hand“. Gemeinsam mit ihr tritt Angelika Link den Weg zur Therapie nach Offenbach an. Zweimal wöchentlich wird sie von Altmann oder anderen Vereinsmitgliedern abgeholt.
„Ich bin so froh, dass es den Verein gibt“, erklärt die 46-Jährige. Bereits seit langem plagen sie im linken Bein Schmerzen beim Gehen, die bis in den Rücken ausstrahlen. „Erst vor kurzem wurde festgestellt, dass wegen eines Bandscheibenvorfalls die Bandscheibe auf den Nerv im Bein drückt.“ Auf dem Weg zum Auto muss sie mehrere Stufen überwinden. Dabei stützt sie sich mit der Hand auf den Arm von Gloria Altmann. Dann ist es geschafft, das Auto ist erreicht.
„Wenn wir im Stau stehen – und das kommt häufig vor – werde ich oft nervös. Dabei hilft dann die Unterhaltung mit meinem jeweiligen Begleiter“, erzählt Link. Im Therapiezentrum in Offenbach angekommen, absolviert sie ein Muskelaufbautraining an computergesteuerten Trainingsgeräten. Ihre jeweilige Begleitung wartet in der Praxis, bis die Therapie zu Ende ist. „Die Vereinsmitglieder begleiten mich nicht nur zur Therapie, sondern sprechen mir Mut zu und bauen mich auf“, berichtet Link. „Wir führen die Dienste nicht nur mit der Hand aus, sondern sind mit dem Herzen dabei“, hebt Altmann hervor. Rund 300 Mitglieder hat der Verein, der in diesem Jahr fünfjähriges Bestehen feiert.
Wieder in Karben angekommen, holen die Frauen noch Tochter Xenia-Lena (6) vom Kindergarten ab. Nach rund drei Stunden ist Angelika Link wieder zu Hause. „Dann bin ich erschöpft und muss mich ausruhen.“ Sie spüre bereits eine kleine Verbesserung, zumal sie auch zuhause trainiere. Seit sechs Wochen ist sie Mitglied bei „Herz und Hand“. „Hätte ich von dessen Existenz vorher gewusst, wäre ich schon vor meiner Krankheit Mitglied geworden“, erklärt sie. Und fügt hinzu: „Ich wünsche mir, dass ich irgendwann wieder ohne Hilfe laufen kann. Dann möchte ich etwas von dem zurückgeben, was man mir gegeben hat, etwa Kindern bei den Hausaufgaben helfen.“ Bereits jetzt revanchiere sie sich durch Kuchenbacken.
„Die Mitglieder bekommen für erbrachte Hilfeleistungen pro Stunde zwei Punkte gut geschrieben“, erläutert Altmann. Damit könnten sie dann benötigte Hilfeleistungen „bezahlen“. Angelika Link bezahlt den Zeitaufwand und das Kilometergeld in bar, weil sie noch kein Punkteguthaben auf ihrem Konto ansparen konnte. „Begleitdienste werden als Hilfeleistungen gern nachgefragt“, berichtet Altmann. Zudem absolvieren die Mitglieder Besuchsdienste im Altenheim, gießen Blumen und leeren Briefkästen bei Urlaubsabwesenheit und machen noch vieles mehr. (kre)