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Schwere Zeiten für Partner

Muriel Menzel fürchtet, dass die Beziehungen nach Frankreich langsam einschlafen könnten. Foto: Schenk
Muriel Menzel fürchtet, dass die Beziehungen nach Frankreich langsam einschlafen könnten. Foto: Schenk

Karben. Nur allzu oft müssen in der gegenwärtigen Krise Herzenswünsche zurückstehen. Die Pandemie stellt ganz eigene Anforderungen an die menschliche Vernunft. Vernünftig sein – das müssen jetzt auch die 40 Mitglieder des Karbener Städtepartnerschaftsvereins. Kürzlich hatte der Vorstand eine schmerzhafte Entscheidung zu treffen: Auch in diesem Jahr wird es kein Treffen mit den französischen Freunden in St. Egrève geben.
Die für das Himmelfahrtswochenende im Mai geplante Reise des Karbener Städtepartnerschaftsvereins wurde abgesagt. Zu ungewiss erscheint im Moment die Situation, zu riskant die Durchführung einer Busreise an die Isère. Und das, obwohl der Verein wie kaum ein anderer von diesen Kontakten lebt. Schon im vergangenen Jahr war das Freundschaftstreffen der Pandemie zum Opfer gefallen. Da hätten eigentlich die Franzosen in Karben zu Gast sein sollen.
Beziehung soll
nicht einschlafen

Die Vorsitzende des 2013 gegründeten Partnerschaftsvereins, Muriel Menzel, blickt mit mehr als einem weinenden Auge auf die Absage. Sie fürchtet, dass nun auch die Beziehungen zu St. Egrève langsam einschlafen könnten. Mit den anderen drei Partnerstädten Ramonville, Luisenthal und Krnov sei das bereits geschehen. Besonders nach Luisenthal in Thüringen und ins tschechische Krnov hätte man nahezu alle Kontakte verloren. Menzel erzählt in diesem Zusammenhang auch von Misstönen, die es gegeben habe. »Nach Luisenthal waren wir zu einem Volksfest eingeladen. Aber kurz vorher sagte uns der Bürgermeister der Stadt ab. Zu einem möglichen Ersatztermin kam es leider nicht.«
Vor diesem Hintergrund erscheint der Austausch mit St. Egrève umso wichtiger. Immerhin gibt es einige Karbener Familien, die tiefe Freundschaften nach Frankreich pflegen. Doch nun muss das Treffen zum zweiten Mal in Folge aussetzen. 2019 gab es den letzten persönlichen Kontakt. Dass der Anteil an älteren Teilnehmern überwiegt, macht die Sache noch schwieriger. Digitale Medien wie Zoom oder Skype wären Möglichkeiten, um miteinander im Gespräch zu bleiben. Man könnte sich bei der Kommunikation sogar sehen. Über 80-Jährige fänden das in der Regel aber wenig attraktiv, weiß Menzel. »Leider werden unsere Teilnehmer immer älter und demzufolge auch immer weniger. Unter den jungen Leuten gibt es eigentlich kaum freundschaftliche Beziehungen«, bedauert die Rendelerin.
So ruhen schon jetzt alle Hoffnungen auf 2022, obwohl 2021 noch ganz jung ist. Außer den gegenseitigen Besuchen hat der Städtepartnerschaftsverein keine Nebenaktivitäten. So lange es möglich war, traf man sich jeden ersten Donnerstag im Monat zu einem Mitgliedertreffen in einem Karbener Café oder ging gemeinsam spazieren. Auch solche Dinge können im Moment nicht stattfinden.
»Viele Leute leiden jetzt sehr darunter. Mir persönlich tat es schon richtig weh, als ich den Bus endgültig stornieren musste. Ich hätte auch gern noch etwas länger gewartet mit der Entscheidung. Die Reise hätte ich noch vier Wochen vor Beginn kostenlos stornieren können. Aber unser Vorstand und unsere Freunde in Frankreich waren sich einig, dass es nicht geht«, berichtet die Organisatorin. In ihrem Innersten wisse sie natürlich um die Richtigkeit dieser Entscheidung. Kaum jemand hätte sich für die 800 Kilometer lange Busfahrt nach St. Egrève angemeldet, glaubt sie.
Mitgliederfest
im Sommer?
Man kennt die geborene Pariserin als eine Frau, die gerne mit Menschen spricht und Dinge organisiert. Doch selbst sie wirkt jetzt etwas ratlos. Zuletzt hatte sie sich deshalb wegen eventueller Anregungen an die Allgemeinheit gewandt. Ein paar Rückmeldungen seien daraufhin bei ihr eingegangen.
Eine Idee könne beispielsweise ein Mitgliederfest des Vereins sein, sofern dies die Infektionslage im Sommer zulasse. Als denkbaren Veranstaltungsort nennt sie das »Kuhtelier« in Groß-Karben. Dort war der Städtepartnerschaftsverein bereits bei seinem fünfjährigen Bestehen 2018 eingekehrt.
Von Jürgen Schenk