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Schau mal, eine neue Kirche!

Das Wort zum Sonntag

Johannes Misterek
Johannes Misterek

„Schau mal, Papa! Die bauen da ja eine Kirche!“ Mit diesen Worten deutet unser Sohn aufgeregt mit dem Zeigefinger aus dem Fenster, als wir gerade in den Apfelkreisel am Ortseingang einbiegen. Er zeigt auf das Grundstück der syrisch-orthodoxen Kirchengemeinde. Hier formen sich die Außenmauern zum Kirchenschiff und es wächst der Glockenturm in die Höhe. Ja, in Bad Vilbel-Massenheim wird eine neue Kirche gebaut! Und an diesem Sonntag (19. Juli) feiern wir erstmals gemeinsam das Gemeindefest zusammen mit allen drei christlichen Gemeinden.

Oft frage ich mich, wie es mit der Kirche in unserem Land weitergehen wird. Neben neuen Aufbrüchen ist die Rede von Mitgliederrückgang, Müdigkeit und fehlendem Personal. Kirchengebäude werden umgewidmet oder gar abgerissen, da sie baufällig oder nicht mehr benötigt werden. „Ist Gottesdienst und Glaube nicht rückwärtsgewandt?“, höre ich oft. Da ist der Neubau der Kirche an unserem Ort ein in Architektur gegossenes Glaubenszeugnis. Hier baut eine christliche Gemeinde ein neues Gotteshaus und bringt damit zum Ausdruck: Für uns ist der Glaube keine Sache von vorgestern, sondern von heute und – für übermorgen! So habe ich die syrisch-orthodoxen Geschwister in Gesprächen erlebt. Sie erzählen von ihrem Glauben, wie er ihnen Halt gibt auch in schwierigen Zeiten und von Jesus Christus, der Quelle des Heils inmitten einer unheilen Welt.

In den vergangenen Monaten habe ich zusammen mit den Kindern beobachtet wie Kirchengebäude und Turm in die Höhe gewachsen sind. In dieser Zeit ist mir dieser Neubau zu einem Gleichnis geworden für Gott, der unter uns seine Kirche baut. Wir sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und Gott ist der Architekt (1. Korintherbrief 3, 9). Er ist der eigentliche Bauherr. So wie eine christliche Gemeinde ein neues Kirchengebäude baut, so baut Gott an seiner Kirche unter uns – in diesem Augenblick. Alte Strukturen und veraltete Traditionen bedürfen der Erneuerung, wo sie nicht mehr den Geist des Evangeliums, der befreienden und freimachenden Botschaft von Gottes neuem Reich atmen.

Wie wird die Kirche von morgen aussehen? Das weiß Gott allein. Aber jede und jeder ist eingeladen, mit dabei zu sein, wenn heute die Fundamente gelegt werden. Und dann werden wir (oder unsere Kinder und deren Kinder) einmal wie mein Sohn erstaunt ausrufen: Schau mal! Da entsteht eine neue Kirche!

In ökumenischer Verbundenheit

Ihr Pfarrvikar Johannes Misterek

Massenheim