Bad Vilbel. Sieben Wochen Vollsperrung sind Geschichte. Seit Montag rollen wieder Züge aus der Wetterau und ganz Mittelhessen in Richtung Frankfurt. Die neu gebauten S-Bahn-Gleise sind feierlich in Betrieb genommen worden. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ganz reibungslos ist der Start nicht abgelaufen.
Die Deutsche Bahn (DB) hat den durchgängigen viergleisigen Streckenausbau zwischen Frankfurt West und Bad Vilbel abgeschlossen und am Montag die neuen Gleise für die S-Bahn offiziell in Betrieb genommen. Nach etwas mehr als sechs Jahren Bauzeit rollte in den frühen Morgenstunden die erste Bahn der Linie S6 über ihre eigenen Gleise. Im garantierten 15-Minuten-Takt soll die S6 allerdings erst nach Inbetriebnahme der neuen Station in Frankfurt-Ginnheim und dem damit verbunden Fahrplanwechsel Mitte Dezember dieses Jahres fahren.
Noch kein Halt
am Südbahnhof
Nachdem am Montagmorgen die ersten Bahnen noch entfallen waren, ist die S-Bahn mittlerweile auf der Schiene unterwegs – allerdings nur im Halbstundentakt. Zusätzlich ist noch Schienenersatzverkehr eingerichtet. »In einigen Tagen ist damit Schluss«, versprach Knut Ringat, Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsführung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV). Die Bahn hatte im Endspurt der siebenwöchigen Vollsperrung zwar alles versucht, aber den Vilbeler Südbahnhof nicht rechtzeitig fertig bekommen. Dort stehen noch letzte Beleuchtungs- und Sicherungsarbeiten an. Eine Bahn-Sprecherin sagt: »Der Halt soll voraussichtlich Anfang der kommenden Woche angeboten werden.« So lange sei auch noch der Ersatzverkehr eingerichtet. In der kommenden Woche solle die S6 dann auch wieder im üblichen Takt unterwegs sein.
Weiterer Ausbau
soll 2026 beginnen
Während also am Südbahnhof weiter fleißig gearbeitet wird, wurde die Inbetriebnahme der neuen Gleise am Montagnachmittag einige Meter nördlich am Vilbeler Bahnhof gefeiert. RMV-Chef Ringat sagte: »Heute ist so etwas wie Ostern, Weihnachten und Geburtstag zusammen.« Dieses Projekt sei der erste große Baustein im »Jahrzehnt des Bauens«. Die S6 könne auf den eigenen Gleisen im einheitlichen Takt fahren, da das Überholen durch schnellere Züge entfällt. »Die positiven Auswirkungen ab dem Fahrplanwechsel reichen bis nach Mittelhessen, von wo deutlich mehr Direktfahrten nach Frankfurt angeboten werden können.«
Es folgte eine Reihe von Lobeshymnen auf das Projekt, dass die Städte und den Kreis seit mehr als 30 Jahren beschäftigt. Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr sowie Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr sagte: »Der Ausbau des Schienennetzes im Rhein-Main-Gebiet hat aufgrund seiner zentralen Lage positive Auswirkungen in ganz Deutschland. Die eigenen Gleise für die S-Bahn erhöhen die Kapazität im stark belasteten Knoten Frankfurt erheblich.« Die Schiene habe eine Lobby. »Lassen sie uns Differenzen gemeinsam überwinden, damit solche Projekte realisiert werden können.«
Kaweh Mansoori, seit drei Wochen der Hessische Minister für Wirtschaft und Verkehr, nannte abermals die Vorteile des Projektes: »Weniger Verspätung, pünktlichere Züge.« Außerdem sei es ein richtiger Schritt für eine zukunftsgerechte Mobilität. Die neuen Stationen seien auch barrierefrei, was ebenfalls eine große Rolle spiele. Man müsse die Verkehrswende »mit den Menschen machen«.
180 000 Tonnen Schotter verbaut
Einen kleinen Rückblick auf das mit reinen Baukosten 665 Millionen Euro bezifferte Projekt (Anm. d. Red.: inklusive aller Arbeiten im Umfeld, zum Beispiel an Straßen und der Planung beträgt die Summe 880 Millionen Euro) wagte Ingrid Felipe, Vorstand Infrastrukturplanung und -projekte der DB Infrago AG. »Wir haben für das Projekt 48 Kilometer neue Gleise verlegt und insgesamt 180 000 Tonnen Schotter verbaut.« Sie sei sehr stolz, dass dieses wichtige Projekt nun umgesetzt sei. »Mein großer Dank gilt allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben. Gleichzeitig möchte ich den Anwohnenden und Fahrgästen für ihre Geduld und das Verständnis danken.«
Das griff auch Bad Vilbels Bürgermeister Sebastian Wysocki auf: »Der Gleisausbau ist das größte Infrastrukturprojekt für und in Bad Vilbel seit dem Bau der Main-Weser-Bahn 1850.«
Landrat Jan Weckler sprach von einem guten Tag für den Kreis, Frankfurt und ganz Mittelhessen. Es sei wichtig, für eine starke und belastbare Infrastruktur zu sorgen. Weckler blickte auch auf den Ausbau des zweiten Streckenabschnitts von Bad Vilbel bis Friedberg. Dieser soll Ende 2026 beginnen und laut aktueller Planungen rund sechs Jahre dauern. »Im Sinne der Pendlerinnen und Pendler bleibt nun zu hoffen, dass der zweite Bauabschnitt ohne große Verzögerungen umgesetzt werden kann. Ich wünsche mir, dass es nicht wieder 35 Jahre werden.«
Jetzt gilt es für die Bahn allerdings erst mal, die Station am Bad Vilbeler Südbahnhof fertigzustellen. In den darauffolgenden Monaten muss außerdem aufgeräumt werden. Bedeutet: Bauflächen und Baustraßen werden abgebaut. Restarbeiten an den Lärmschutzwänden und in den Stationen sind noch zu erledigen. Außerdem baut die DB noch die Aufzüge in einigen Stationen ein, da diese wegen Lieferschwierigkeiten am Markt nicht wie ursprünglich vorgesehen verfügbar waren.
Von Patrick Eickhoff