
Karben. Continental will weitere Stellen streichen. Bis Ende 2026 sollen 1450 Jobs in Deutschland wegfallen. Betroffen sind die Standorte in Nürnberg, Regensburg, Ingolstadt – aber auch Wetzlar und Schwalbach. In Karben kennen sie sich mit solchen Nachrichten aus. Der Stellenabbau an der Dieselstraße hat längst begonnen.
Fünf Jahre ist es her, da traf die Meldung die Continental-Beschäftigten in Karben wie aus dem Nichts. Werkschließung. Die Produktion soll bis Ende 2023 eingestellt sein. Die restlichen Teile des Karbener Werkes sollen 2024 verlagert werden. Über 1000 Menschen, viele davon aus der Region, drohte von heute auf morgen die Arbeitslosigkeit.
Es folgen Demonstrationen, Solidarität aus Bevölkerung und Politik, Verhandlungen zwischen IG Metall und dem Conti-Management. Der Teilerfolg vor rund vier Jahren: Die Continental Engineering Services bleibt in Karben. Die endgültige Schließung des Werkes wird bis Ende 2025 verschoben. Die Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung wurden verbessert. Betriebsbedingte Kündigungen werden bis Ende 2022 nicht wirksam. Zudem wird zusätzlich ein weiterer Härtefallfonds von einer Million Euro geschaffen. Für Beschäftigte, die älter als 57 Jahre sind und das Unternehmen verlassen, wurden die Abfindungsregelungen nochmals verbessert. Das gilt allerdings nur für Mitglieder der Gewerkschaft.
Jetzt folgten kürzlich neue Meldungen darüber, dass Continental auch in Deutschland weitere Stellen kürzt. In Karben geht derweil alles seinen Weg. Ein Conti-Sprecher teilt auf Anfrage mit: »In unserem Elektronikwerk in Karben sind derzeit noch rund 200 Beschäftigte tätig. Der Rückzug aus der Produktion soll wie geplant bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.«
Die Tochtergesellschaft Continental Engineering Services verbleibe darüber hinaus mit aktuell über 200 Beschäftigten am Standort. »Zudem laufen die Planungen für die weitere Verwendung der frei werdenden Gebäude. Da diese aber noch nicht abgeschlossen sind, können wir hierzu noch keine weitere Aussage treffen.«
Betriebsratsvorsitzender Frank Grommeck teilt mit, dass inzwischen alle Mitarbeiter einen Vertrag mit festem Austrittsdatum unterschrieben haben. Entweder einen »Dreiseitigen Vertrag« (zum Wechsel in die Transfergesellschaft) oder einen Altersteilzeit-Vertrag. »Etwa 300 Kolleginnen und Kollegen haben die Möglichkeit, in die Transfergesellschaft zu wechseln. Das geschieht in elf Zeitstufen – je nach Wegfall der Arbeitsplätze.« Die erste Gruppe startete im Juni 2022, und die letzte Gruppe werde im Januar 2026 beginnen.
Die Transfergesellschaft habe in Karben Räumlichkeiten angemietet, in denen Beratungsgespräche und auch kleine Seminare stattfinden. »Die Vermittlungsquote ist sehr gut und beträgt bei den bereits beendeten Gruppen – 1 bis 4 – zwischen 84 und 100 Prozent.«
Grommeck sagt weiter, dass die älteren Jahrgänge ein ATZ-Angebot erhalten hatten und keinen Zugang zur Transfergesellschaft. »Allerdings waren das alles Angebote, welche zum frühestmöglichen Renteneintritt endeten – also mit 63. Das bedeutet eine Rente mit Abschlägen von 14,4 Prozent.«
Im Automotive Technologies-Werk in Karben würden – laut Grommeck – zurzeit noch rund 120 Festmitarbeiter und etwa 70 Leiharbeitnehmer arbeiten. »Die Stimmung ist natürlich entsprechend ruhiger geworden.« Alle »Kämpfe« seien ausgetragen, und jeder besinne sich auf seinen beruflichen Weg. »Aus heutiger Sicht sind wir froh, dass wir es hinter uns haben. Das, was nun an den anderen Conti-Standorten passiert, betrifft uns nicht mehr. Die Verhandlungsergebnisse würden heute vermutlich schlechter ausfallen.«
Besonders bitter habe es jedoch die Kolleginnen und Kollegen getroffen, welche auf ihre Abfindung verzichtet haben und dafür einen Arbeitsplatz bei Continental in Wetzlar oder Schwalbach angenommen haben (rund 20 Personen). Grommeck sagt: »Für diese Arbeitsplätze steht nun auch das Enddatum fest.« Diese Werke schließen ebenfalls zum 31. Dezember dieses Jahres. »Die Kollegen, welche sich so entschieden hatten, haben nun weder einen Arbeitsplatz noch die in Karben ausgehandelte Abfindung. Ob sie dann auch Anspruch auf eine Transfergesellschaft haben, ist bisher nicht klar.« Von Patrick Eickhoff