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Romys Job: Influencerin

Wie Romy Wölfl es schaffte, über das Internet zur beliebtesten Frau der Stadt zu werden

Romy Wölfl beim Frühstück in einem Karbener Café. Die Influencerin ist auch morgens meistens gut gelaunt. Foto: Nissen
Romy Wölfl beim Frühstück in einem Karbener Café. Die Influencerin ist auch morgens meistens gut gelaunt. Foto: Nissen

Wer ist die bekannteste Persönlichkeit aus Karben? Nein – nicht Bürgermeister Guido Rahn. Das Online-Lexikon Wikipedia bietet die ehemalige Lottofee Karin Tietze-Ludwig an. Die blonde Fernsehansagerin war und ist sehr berühmt – aber jetzt hat die Karbenerin Romy Wölfl sie in Sachen Bekanntheit überholt.

Karben. Romy Wölfl, die bekannteste Karbenerin, betritt das Café Künkel in einer eng geschnittenen, leuchtend blauen Jacke. Darunter trägt sie eine schwarze Bluse. Das Ensemble passt prima zu den grünlichen Augen des 31-jährigen Social Media-Sternchens. Romy Wölfl wird hier nicht erkannt, weil gerade nur ältere Menschen im Café sitzen. Jüngere dagegen sprechen die schlanke Frau mit den langen blonden Haaren nicht nur in Karben auf der Straße an. Sie haben sie schon oft gesehen, in den sozialen Medien Youtube, Instagram oder Facebook.

Dort versammelt Romy Wölfl mehr Fans und Freunde als jeder andere Karbener. Auf Youtube lassen sich 57 102 Menschen benachrichtigen, sobald sie ein neues Video einstellt. 2500 Menschen schauen es dann auch tatsächlich an. Auf dem Junge-Leute-Portal Instagram zählen 35 600 Menschen zu ihren Abonnenten. Wenn Romy dort ein Foto von sich einstellt, drücken mindestens 400 „Follower“ ihr Entzücken aus.

Fleißarbeit

Jedes Foto ist in zwei- bis dreistündiger Arbeit sorgfältig komponiert, verrät Romy Wölfl. Das jüngste Bild zeigt sie mit einem Kaffee an einem Tisch im Freien. Sie trägt dabei Pulli, Schal und eine karierte Hose, die laut Romy „ein bisschen stretchig“ ist und sich prima mit einem Business-Outfit kombinieren lässt.

„Bombe“, kommentiert etwa Follower „Martin 80“, und viele andere setzen anerkennende Emojis hinzu. Oder erzählen, wo sie selber den aktuellen Frühlingsanfang erleben.

Eine Instagram-Freundin meldet sich gar aus Neuseeland. Und Romy hat fleißig auf viele dieser Reaktionen geantwortet. Es ist nämlich Fleißarbeit, bekannt zu bleiben, bekennt sie im Café. Genauer gesagt: „Es ist ein Vollzeitjob.“ Und wer nicht wenigstens alle drei Tage ein neues Foto auf Instagram stellt, wird vergessen. „Man rutscht schnell auf der Liste nach hinten“, sagt die 31-Jährige.

Romy Wölfl muss aber bekannt bleiben, damit sie Geld verdient. Sie ist „Influencerin“: Stilbildnerin und Meinungsführerin in Sachen Bekleidung, Schmuck, Make-Up und Lebensstil. Sie ist Meisterin im Empfehlungs-Marketing, für das es den Fachbegriff „Affiliate“ und eine ganze Wissenschaft gibt. Dieser Beruf habe sich für sie vor Jahren aus ihrer Lust am Präsentieren ergeben, sagt die junge Frau. „Ich kann Leute auf der Straße ansprechen. Ich habe keine Berührungsängste.“ Schon die Abschluss-Gala in der Schule habe sie auf der Bühne moderiert. Bald bekam sie auch Aufträge als Model.

Videos von Messen

Eins ihrer beruflichen Standbeine sind nun Moderationen und Videos von Messen und Firmenevents. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Mann Mario, der auch ab und an in einem Netz-Video zu sehen ist. „Als Paar kommt man immer gut an“, weiß die Karbenerin. Kein Wunder, dass sie im Netz gerade den elften Beziehungsgeburtstag feierte und auch das Restaurant fotografierte, in das Mario sie zu diesem Anlass ausführte.

Das Prinzip des Affiliate-Marketing ist simpel: Ein netter, ansehnlicher und kontaktfreudiger Mensch wie Romy Wölfl mit sehr großem „Freundes“-Kreis zeigt auf den diversen Social-Media-Plattformen schöne Kleidung, Schmuckstücke, Autos, Kosmetikartikel. Sie erklärt, warum sie die Produkte gut findet und nennt dabei auch die Marke des Verkäufers. Das kann mal eine Drogeriekette sein, ein Textilkonzern, eine Creme-Marke, aber auch ein Reiseveranstalter. Diese Firmen bezahlen für die positiv stimmenden Videos und Fotos. „Man ist für sie ein günstiger Werbepartner“, erklärt Romy Wölfl. Eine Umsatzbeteiligung winkt den Influencern, wenn sie mit ihren Online-Empfehlungen Gutschein-Codes veröffentlichen, bei deren Nennung die Käuferin den Artikel billiger bekommt.

Aber niemals würde Romy Wölfl Sachen empfehlen, die sie nicht mag. Der Web-Auftritt muss echt sein, sagt sie. „Die Zuschauerinnen wollen, dass ich die beste Freundin oder Nachbarin für sie bin.“ Deshalb beantwortet sie auch manche Reaktion im Netz. Und dreht ihre Videos daheim.

Allerdings steht Romy dabei so nahe an der Kamera, dass man nicht immer das ganze Kleidungsstück sieht, das sie hoch hält. Geschweige denn eine Totale des Wohnzimmers. Denn ihre Privatsphäre will die 31-Jährige wahren. Bei einer „Room-Tour“ durch die Wohnung würde sie kompletten Einblick höchstens in ihren Schuhschrank gewähren, erzählt sie. Sie sei zwar Influencerin, aber nicht so wie der amerikanische Reality-TV-Star Kim Kardashian: Die millionenschwere Unternehmerin und Ehefrau von Musiker Kanye West bringt etwa ihre Schwangerschaft oder ihre Kinder ins Business ein. Wölfl teilt mit ihren Abonnenten lieber ein Rezept fürs leckere Abendessen. Oder eine Impression vom ersten Frühlingsspaziergang.

An die Krebshilfe

Ihre Bekanntheit nutzt die junge Frau auch für ihre zweite Karriere als Autorin. Sie verfasst unter dem Pseudonym Romina Wolf Liebesromane. Das erste Buch heißt „Im Schatten der Seevilla“, das zweite „Im Schatten der ewigen Sehnsucht“. Es ist die Geschichte einer Frau, die sich nicht zwischen ihrem Partner und ihrer Jugendliebe entscheiden kann – eingepackt in einen rosa- und türkisfarbenen Einband, ganz nach dem Geschmack ihres weiblichen Lese-Publikums.

Sie wolle weiter Bücher schreiben, kündigt Wölfl an. Nicht, um davon zu leben. Das Honorar gehe an die Kinderkrebshilfe. In ihrer Familie gab es jüngst einen Todesfall durch Krebs – und der hat sie sehr getroffen. Man sollte sie nicht für oberflächlich halten, nur weil sie gut aussieht, schicke Sachen mag und Liebesromane schreibt.