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Rasante Komödie mit Broadway-Glamour

Besser gehts nicht. Dorsey wird auf dem Broadway als Dorothy gefeiert und niemand merkt, dass in der weiblichen Aufmachung mit Blitzerrock und Bluse ein Mann steckt. Foto: Eugen Sommer
Besser gehts nicht. Dorsey wird auf dem Broadway als Dorothy gefeiert und niemand merkt, dass in der weiblichen Aufmachung mit Blitzerrock und Bluse ein Mann steckt. Foto: Eugen Sommer

Bad Vilbel. Was macht ein arbeitsloser Schauspieler, der unbedingt spielen will? Er nimmt jede Rolle an, selbst wenn er dafür als Frau auf der Bühne stehen muss. Das Musical »Tootsie« hatte jetzt Premiere bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen.Die Aufführung der Verwandlungskomödie kam beim Publikum gut an.
Meckern ist nie eine gute Option. Das merkt schnell Schauspieler Michael Dorsey, als er auf offener Bühne seinem Regisseur widerspricht. »Raus!«, schreit der ihn zornig an und stellt ihn schneller vom Platz, als er nach Luft schnappen kann. »Keiner will mich, keiner mag mich, ich sitze fest, bin ausgesperrt«, klagt Dorsey seinem Freund Jeff in einem traurigen Song. Der hat nicht viel Mitgefühl, ist er doch selber ein erfolgloser Theaterautor, der sich sein Geld mit Kellnern verdienen muss.
Mitten hinein in das schillernde und manchmal gnadenlose Theater- und Showbusiness-Milieu führen diese Szenen. Das Musical »Tootsie« basiert auf den Film aus den 1980er Jahren, der mit Dustin Hoffmann in der Hauptrolle Kult wurde. Für seine Darstellung eines arbeitslosen Schauspielers, der sich für eine weibliche Hauptrolle in einer TV-Produktion casten lässt und sich als Frau gegen die Machos im Filmmilieu durchsetzen muss, wurde er für einen Oskar nominiert. Als Musical wurde »Tootsie« erst 2018 mit Musik und Texten von David Yazbek und Robert Horn auf die Bühne gebracht. In Deutschland hatte es 2022 seine Premiere in München. Jetzt hat in Bad Vilbel Regisseurin Milena Paulovics das Musical als rasante Verwandlungskömödie mit Broadway-Glamour inszeniert, in der starke Frauen den Ton angeben.
Mit Kleid, Pumps
und Perücke

Als Dorseys Ex-Freundin Sandy von ihrem Casting zu einem sensationellen neuen Theaterstück erzählt, entschließt er sich heimlich, ebenfalls vorzusprechen. Das Wagnis glückt, nur, dass er sich dafür als Frau verkleiden muss. Kleid, Pumps und Perücke genügen und machen ihn zu einer resoluten, aber überzeugenden Dorothy. Er, beziehungsweise sie, müssen hohe Schauspielkunst zeigen in einer überaus schrägen Version des Romeo-und-Julia-Stoffes.
Sein Glück ist perfekt, gespiegelt durch die schwungvolle Hollywood-Musik des Burgfestspiel-Orchesters, den Songs und die tänzerischen Showeinlagen des Ensembles in der Choreografie von Caroline Lusken. Die Bühne ist dafür perfekt vorbereitet, denn Bühnenbildnerin Pascale Arndtz hat riesige Seitenwände mit Glitzeraufschriften aufstellen lassen. Sie erwecken eine Broadway-Illusion, spätestens wenn bei Dunkelheit alles illuminiert wird.
Die Hauptrollen mit Robert David Marx als Michael Dorsey und Veronika Hörmann als Julie beziehungsweise Julia sind überzeugend besetzt. Beide singen hinreißend und nehmen die Zuschauer mit in ihre zunehmend chaotische Gefühlswelt. Julie glaubt, eine Freundin gefunden zu haben und bewundert Dorothy, die aber in Wirklichkeit Dorsey ist, der wiederum gar nicht weiß, wie ihm geschieht, als sich Julie in einer zärtlichen Freundinnenszene an ihn schmiegt. Nur das Publikum weiß mehr und amüsiert sich. Die Doppelbödigkeit dieser Szenen ist gewollt und passt auf den Punkt. Das Musical wird auch geprägt von starken Nebenrollen.
Samuel Franco als Freund Jeff überzeugt mit tänzerischen Glanzleistungen. »Du hast es verkackt«, sagt er zu Dorseys Liebeswerben um Julie. Die Exfreundin Sandy (Verena Mackenberg) ist ein Temperamentbündel mit Stakkato-Gesang. Und aus dem tumben Bruder Julias wird in einer hinreißenden Szene ein wilder Draufgänger, der Dorothy seine Liebe gesteht nach dem Motto »Jung liebt Alt«.
Gefühlsverwirrungen wohin man blickt. »Was soll ich tun«, fragt sich verzweifelt Dorsey/Dorothy. Welchen Weg er wählen wird, um der Maskerade ein Ende zu bereiten, das wissen die Zuschauer, die viel applaudieren.
Weitere Aufführungen
Die nächsten Aufführungen des Musicals sind in der Woche vom Montag, 17. Juni, bis Donnerstag, 20. Juni, Beginn jeweils um 20.15 Uhr. Gespielt wird auch im August und September, letzte Aufführung ist Sonntag, 8. September. Karten gibt es im Kartenbürol, Klaus-Havenstein-Weg 1, Ruf 06101/559455. Per E-Mail an tickets@bad-vilbel.de und unter über die Homepage www.kultur-bad-vilbel.de. Von Anne-Rose Dostalek