Drei Stunden lang etwa stand Diakon Charbel Imghimiz am Sonntag vor dem Altar der katholischen St.-Nikolaus-Kirche. Der hochgewachsene 25-Jährige stand einsam und wie verlassen in seinem einfachen Ornat vor dem großen Kruzifix. Derweil lief um ihn herum ein kirchliches Fest ab, wie es Bad Vilbel wohl noch nie gesehen hat.
Bad Vilbel. Mit 500 festlich gekleideten Personen war die geräumige Kirche gefüllt. Priester in schlicht schwarzen oder Geistliche mit höheren Weihen in prächtigen Gewändern. Die „Syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde Mutter Gottes in Bad Vilbel“ feierte mit orientalisch anmutendem Ritual einen Gottesdienst nach der Basilius-Liturgie. Anlass war die Priesterweihe von Imghimiz, der schließlich vom deutschen Erzbischof der orthodoxen Syrer zum Priester geweiht wurde.
Gekommen waren nicht nur die Mitglieder der 105 schon in der dritten Generation in Bad Vilbel und Karben lebenden Aramäerfamilien und die in letzter Zeit hinzugekommenen 20 Familien aus den Krisengebieten aus dem Stammland dieser Christen vom Oberlauf des Tigris. Aus ganz Deutschland kamen Familienangehörige und Freunde zu diesem Fest und auch viele Bad Vilbeler waren dabei wie Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) oder Hartmuth Schröder von der Evangelischen Christuskirche, soweit man in dem Gewimmel einen Überblick bekam. Die syrisch-orthodoxe Kirche hat kein Problem damit, in einer katholischen Kirche zu feiern. Überall da, wo Liturgie und die Eucharistie stattfinden, ist der rechte Ort dazu.
Die Sprache Jesus’
Jede christliche Gemeinde, die sich um ihren Bischof oder den von ihm beauftragten Priester zur Eucharistiefeier versammelt, erfährt die lebendige Gegenwart Jesu Christi. Befremdlich mag den nicht-syrischen Gästen während dieses orthodoxen Gottesdienstes erschienen sein, dass keine Musikinstrumente gespielt wurden. „Instrumente können nicht beten“, heißt es zur Begründung.
Musik musste man nicht vermissen. Schwarz gekleidet, das Haar mit einem weißen Schleier mehr oder weniger bedeckt, durften die Frauen, die ansonsten zurückhaltend blieben, Spalier stehen und Gebete singen. Der Männerchor stand weiß gewandet beiderseits des Altars. Davor saß die männliche Geistlichkeit in orientalischem Prunk.
Der Bischof mit Assistenten waltete seines Amtes und hantierte mit den liturgischen Instrumenten wie dem goldenen Kelch, der goldenen, Patene genannten Schale, mit Schwamm und Fingerschale, während andere die Glöcklein an einem silbernen Stern erklingen ließen. Gesprochen wurde im wesentlichen in aramäisch, der alten Sprache, die auch Jesus Christus und seine Mutter Maria gesprochen haben sollen. Gebetet wurde aber teils auch in deutscher Sprache.
Charbel Imghimiz, der im Mittelpunkt der Zeremonie stand, ist 1989 in Syrien geboren. In seiner Heimatstadt Qabre Hewore hat er in seiner Jugend Religionsschulen besucht, war Ministrant in der Gottesgebärerin-Kirche. Die Schulzeit von 1995 bis 2007 schloss er mit dem Abitur ab und besuchte dann bis Mitte 2011 das Priesterseminar in der Nähe von Damaskus. Er hat auch geheiratet. Im Jahr 2013 wurde Athraa Salim seine Frau.
Der junge Mann hat in letzter Zeit Kurse in deutscher Sprache besucht und hat erst vor wenigen Tagen, am 15. Oktober die Diakonsweihe erhalten.
Die Priesterweihe gilt in der syrisch-orthodoxen Kirche als „das Mysterium, das dem Empfänger die priesterliche Vollmacht oder Gewalt gibt zum Vollzug der Mysterien der Kirche und ihrer geistlichen Dienste sowie zum Führen und Begleiten der Gläubigen auf dem Weg des Heils“. Voraussetzungen sind, dass der Empfänger „gottesfürchtig, fromm und untadelig ist, frei von gesetzlichen Weihehindernissen, von körperlichen sowie geistigen Fehlern. Andere sollen Zeugnis ablegen für seine Gottesfurcht, seine Weisheit und sein Wissen; und er soll ein Eiferer sein für das Heil der Seelen der Gläubigen“.
Nunmehr wird er als Nachfolger des langjährigen Priesters Tuma Bilen antreten.
Die Gottesdienste finden zur Zeit noch in der Herz-Jesu Kirche in Massenheim statt. Das neue Gemeindezentrum im Westen Massenheims soll im nächsten Jahr fertig gestellt sein.