Karben. „Ich habe hier noch ein Fis!“ Hans-Werner Schnurr hievt den silbernen Pfahl in die Höhe. Der matte Metallstab ragt weit über seinen Kopf. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man, dass kurz vor dessen Spitze ein Spalt im Pfahl ist – das rund zwei Meter lange Metall ist eine der 944 Orgelpfeifen, die in Petterweil eintreffen.
Vor fünf Jahren gründete sich der Verein „Pfeifenorgel für St. Bardo“. Nach Jahren der Spendenaufrufe geht mit dem Eintreffen der Orgel ein Traum für die Vereinsmitglieder in Erfüllung. Doch der Traum sollte eigenständig finanziert werden, „wir wollten keinesfalls Schulden machen“, so Sprecher Michael Walke. Schließlich betraute der Verein den Siegener Betrieb Mebold mit dem Bau der rund 200 000 Euro teuren Orgel.
Vor dem Transport nach Petterweil wurde die Orgel bereits in der Werkstatt Siegen aufgebaut. „Mit fast 40 Petterweilern sind wir nach Siegen gefahren, um die Orgel zu begutachten“, erzählt Walke. Erst nachdem sichergestellt wurde, dass die Pfeifen richtig klingen, wurde das rund acht Meter hohe Modell wieder abgebaut. Die einzelnen Teile mussten sorgfältig verpackt werden, jede einzelne Pfeife vor Kratzern und Schäden geschützt werden. „Nun heißt es wieder auspacken“, lacht Mitarbeiter Peter Grünert und wickelt den Schaumstoff von der Orgelpfeife. „Rund 2500 Arbeitsstunden stecken bis zur letztlichen Inbetriebnahme in der Orgel“, sagt Betriebsleiter Tobias Späth.
Währenddessen steht er auf dem Gerüst, das vor dem Holzkorpus der Orgel aufgebaut ist. Vorsichtig nimmt er seinem Kollegen die nächste Orgelpfeife ab und setzt sie an die korrekte Stelle. Jede einzelne Pfeife beäugt er kritisch und wischt Dreck oder Kleberückstände mit einem Tuch ab.
Die Arbeiten, die nun in St. Bardo anfallen, sind höchst verschieden. „90 Prozent der Tätigkeiten sind handwerklicher Art“, erklärt Junior-Chef und Orgelbaumeister Mathias Mebold. Das Holzmodell muss aufgebaut, die Orgelpfeifen richtig angeordnet werden. Im Inneren ist Feinstarbeit gefragt. Hunderte feine Holzstäbchen, die so genannten Abstrakten, verbinden die Orgelpfeifen mit den Tasten. „Die sind so dünn“, staunt Michael Walke beim Blick hinter die Kulissen, „und aufgereiht wie die Preußen – das ist Maßarbeit!“
Hinter dem Orgelkorpus werkelt Mebold. „Der Elektromotor, der die Luft aus dem Kirchenraum durch den Blasebalg in die Orgelpfeifen bringt, ist nicht ganz lautlos“, erklärt der Orgelbaumeister. „Deswegen verkleiden wir ihn mit einer Holzkiste, die den Schall absorbiert.“ Geplant, nach Petterweil transportiert, aufgebaut – nun fehlt der Orgel nur noch die Intonation. Nach jeder einzelnen Orgelpfeife drückt Schnurr die Tasten, um zu überprüfen, dass der Ton tatsächlich funktioniert. Nach dem gesamten Aufbau wird die Orgel dann noch einmal genau gestimmt.
Bis dahin testen der Betriebsleiter und der gelernte Orgelspieler Schnurr das Petterweiler Schmuckstück nach Feierabend. In der Kirche finden sich erste neugierige Zuhörer ein. Als Schnurr zum „Privatkonzert“ anstimmt, leuchten Walkes Augen: „Das ist ein Klang!“
Am 19. Juni erfolgt ab 10.30 Uhr die Orgelweihe in einem Gottesdienst. Für 14.30 Uhr lädt die Kirchengemeinde zum Konzert ein. Organist an diesem Tag ist der ehemalige Petterweiler Andreas Walke.