Schöneck. Vor 50 Jahren fanden die Olympischen Spiele in München statt. Bevor aus den fröhlichen Spielen am 5. September 1972, dramatische durch den Angriff von palästinensische Terroristen auf das Olympische Dorf und die Ermordung von elf israelischen Sportlern wurden, schrieben vier Radrennfahrer auf der Bahn Sportgeschichte.
Das Team von Bundestrainer Gustav Kilian lieferte sich am 4. September 1972 vor 5000 Zuschauern in München ein spannendes deutsch-deutsches Duell über 14 Runden. Für die DDR waren am Start Heinz und Herbert Richter, Uwe Unterwalder und Thomas Huschke. Für die BRD traten beim Rennen Udo Hempel, Günther Schumacher, Jürgen Colombo und Günter Haritz in die Pedale.
Bereits die erste Runde lief für den BRD-Vierer perfekt. Mit ihrem hohen Anfangstempo gingen die Twens aus der BRD mit 0,27 Sekunden Vorsprung in Führung. Sie konnten das Tempo halten und bauten den Vorsprung weiter aus. Nach 4000 Metern hatte das Quartett einen Vorsprung von 3,11 Sekunden herausgefahren.
Während das DDR-Team mit drei Fahrern, die gewertet werden, über die Ziellinie fuhr, blieb das bundesdeutsche Team zusammen. Und holte sich mit einem deutlichen Vorsprung und einer Fahrzeit von 4:22,14 Minuten die Gold-Medaille.
Kürzlich feierte der Goldvierer von München 1972 mit anderen erfolgreichen Radrennfahrern in Büdesheim bei Alfred Gaida, der 1972 auf der Straße mit seinem Rennrad unterwegs war, eine rauschende Jubiläumsparty.
Vor etwa sieben Wochen trafen sich alle Olympiasieger in München zur offiziellen Feier. Zur hessischen Party angereist waren Bronzemedaillengewinner Hans Lutz (TN 72 Bahn 4 km), Johannes Knab, Algis Olegnavicius und Rainer Podlesch (alle Teilnehmer (TN) 72 Straße 4er-Mannschaftszeitfahren), Karl Köther (TN 72 Bahn 1000 m), Karlheinz Küster (TN 72 Straße), Hans Michalsky und Rainer Müller (beide TN 72 Bahn) und Edeck Barcik, der für Polen an der Olympiade teilnahm.
Auf die erfolgreiche Olympiade stießen mit den Radrennfahrern der Sportliche Rennleiter Max Gnewikow, Masseur (1972) Günther Beck, Pfarrer Kaarlo Friedrich, Conférencier Paul Hans Kuhn und Udo Sprenger, offizieller Vertreter des BRD-Teams, an.
Die Einladungen für die Jubiläumsparty in Büdesheim erstellt hatte Jockel Faulhaber, die Organisation lag beim Rendeler Ottmar Lenz. Mitgefeiert haben im Garten der Familie Gaida selbstverständlich auch die Partnerinnen der ehemaligen Spitzensportler und Betreuer. Jürgen Colombo (72), der damals in Stuttgart im Verein war und heute in Fellbach wohnt, erinnert an die Worte von Heinz Hütterer, der Radsportfans als »der weißer Blitz von Karlsruhe« ein Begriff ist. »Er hat damals zu mir gesagt: Dieser Sieg wird dich ein Leben lang begleiten. Da hatte er recht.«
Treu geblieben sind die Gold-Vierer auch dem Radsport, auch wenn sie heute zwischen 50 bis 300 km in der Woche in der Natur und nicht mehr auf der Bahn zurücklegen. »Kürzer fahren, aber länger (im Café) sitzen«, lautet die Devise von Jürgen Colombo.
Der Pensionär ist Handelsvertreter für Fahrräder und Sportbekleidung. Udo Hempel (76) aus Büttgen bei Düsseldorf, gibt im Auftrag von Händlern E-Bike-Fahrern Tipps. Er war neun Jahre lang Profi-Radrennfahrer und dann von 1982 bis 1989 erfolgreicher Bundestrainer für olympische Bahnradsportdisziplinen (1000 m, Radvierer, Punktefahrer, Verfolger) zusammen mit seinem Freund Dr. Dieter Berkmann (TN 1972 Bahn Sprint).
Aus Leimen kamen Günther Schumacher und Günter Haritz (beide 73) angereist. Günther Schumacher hat sein Radsportgeschäft inzwischen verkauft. Günter Haritz betreibt seines in Leimen noch.
In den Gesprächen der Radsportprofis ist ihre aktive Zeit stets präsent. Unter Bundestrainer Gustav Kilian holten die Radrennfahrer in verschiedenen Besetzungen viele Goldmedaillen bei UCI-Bahn-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in den 1960er und 1970er Jahren. Von 1972 bis 1976 gewann der deutsche Vierer fünfmal die Weltmeisterschaft, errang bei den Olympischen Spielen 1972 in München wie auch bei den Spielen in Montreal die Goldmedaille. In der Mannschaftsverfolgung errangen die deutschen Fahrer mit Bundestrainer Kilian 16 Goldmedaillen. Der Gold-Vierer wurde 1973 zur Mannschaft des Jahres gewählt. Von Christine Fauerbach
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