Karben. Die Sorgenfalten bei den Zuckerrübenanbauern sind zurzeit fast genauso tief wie die Furchen auf ihren Feldern. Grund ist die nun schon mehrere Wochen andauernde Trockenheit in ganz Deutschland.
Nach dem für die Landwirtschaft katastrophalen trockenen Sommer im Jahr 2018 und auch dem sehr trockenen Frühjahr im vergangenen Jahr, schien sich die Situation im Herbst aufgrund der großen Nässe zu entspannen. Die Landwirte konnten im vergangenen Jahr sogar eine recht gute Zuckerrübenernte einfahren, wie die Geschäftsführerin des Verbandes Wetterauer Zuckerrübenanbauer, Marie-Christin Mayer, noch auf ihrer Verbandstagung vor Kurzem mitteilen konnte. Entsprechend zuversichtlich waren die meisten der knapp über 400 Zuckerrübenanbauer in der Wetterau, die zurzeit noch 4200 Hektar Zuckerrübenanbaufläche bewirtschaften.
Hessenweit werden derzeit nur rund fünf Prozent der Ackerfläche für den Anbau von Hackfrüchten wie Kartoffeln und Zuckerrüben genutzt. Weil sie aber gemeinsam mit Sonderkulturen wie Feldgemüse und Spargel eine höhere Wertschöpfung je Hektar erzielen, ist der Zuckerrübenanbau unter den Landwirten geschätzt. In der Wetterau kommt noch hinzu, dass die Äcker überwiegend aus fruchtbaren Lössboden bestehen und der Wetterauer Zuckerrübenanbau deshalb gemessen an dem Ertrag zu den besten europäischen Zuckerrübenanbauregionen zählt.
Doch dafür müssen auch die äußeren Bedingungen, wie ausreichender Niederschlag, stimmen. Im vergangenen Herbst und Winter war dies der Fall. Wegen der gut durchfeuchteten Böden begann ein Teil der Rübenanbauer mit der Aussaat Anfang März. Der Rest folgte, nach Auskunft Mayers bis in die ersten Aprilwochen. Während die Ersten noch von der Restfeuchte aus den Niederschlägen im Februar profitierten oder ihre Saat einfach tiefer in den Boden einbrachten, um so die Restfeuchte zu nutzen, verpassten viele diese Gelegenheit. Deren Aussaat kam wegen der ab März einsetzenden Trockenheit dann nicht einmal zum Keimen.
»Die Temperaturen und der anhaltende Wind haben die Böden verkrusten lassen. Wenn die Keime nicht schon durch sind, passiert jetzt erst mal gar nichts mehr«, erklärt der Okarbener Landwirt Uwe Bieber am Rande eines seiner Rübenäcker. Auf ihm hat er im März pro 10 000 Quadratmeter 110 000 Rübensamen gesät. »Nach dem jetzigen Stand sind gerade einmal 60 000 gekommen«, sagt Bieber sorgenvoll. Der Rest sei zwar noch nicht verloren, beim nächsten Regen könnten auch die übrigen Samen noch keimen, doch können sie die vier bis sechs Wochen Wachstum nicht mehr aufholen und seien bei der Ernte deutlich kleiner.
Doch auf für diejenigen Landwirte, die früh genug gesät haben, ist die Welt nicht in Ordnung. »Auch die jungen Keime brauchen dringend Wasser«, erklärt Bieber weiter. Wie lange sie der Trockenheit standhalten, weiß er nicht.
Der Verbandsvorsitzende Dr. Mathias Mehl hatte auf der Verbandstagung noch zufrieden festgestellt, dass man im Hinblick auf den Ertrag der letztjährigen Ernte den Eindruck gewinnen könne, dass die Wetterauer Rübenanbauer ihr Handwerk beherrschten.
»Kein Umdenken nötig«
Die Verbandsgeschäftsführerin Mayer ist der Überzeugung, dass trotz der dritten Trockenheit in Folge kein Umdenken bei den Zuckerrübenanbauern einsetzen müsse. Rückblickend auf den Zeitraum 1999 bis 2019 könne sie belegen, dass sowohl Ertrag als auch Zuckergehalt – abgesehen von einigen Ausreißern nach oben und unten – kontinuierlich gestiegen seien. Damit bleibe der Zuckerrübenanbau ihrer Meinung nach weiterhin ein gutes Geschäft.
Das bestätigt auch der Okärber Ortslandwirt Bieber. Im Übrigen würden auf den Äckern wegen der Fruchtfolge sowieso nur alle drei bis vier Jahre Zuckerrüben angepflanzt.
Allerdings muss Mayer einräumen, dass die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die noch Zuckerrüben anbauen, kontinuierlich sinke. Die Anbaufläche bleibt zwar recht konstant, aber bei den Betrieben hat schon seit einiger Zeit eine Konzentration eingesetzt. Die restlichen Betriebe werden größer und damit ihre zu bearbeitenden Anbauflächen.
Die Zuckerrübenanbauer in der Wetterau haben sich 1981 zusammengeschlossen. Ernte und Transport werden über die Zuckerfabriken Wabern und Offstein abgewickelt.