Wenn Sandra Böckle-Wendling eine Uhr sieht, beginnt ihr Herz schneller zu schlagen. Die 71-Jährige hat über 2000 Uhren in ihrer Wohnung in Karben aufgehängt.
Karben. Die Wohnung von Sandra Böckle-Wendling und ihrem Mann Alain Wendling ist urgemütlich. Das liegt an der ansprechenden selbst gestalteten Dekoration. Als Kind wuchs Böckle-Wendling im Heim in Würzburg auf, wo alles steril war. „Seither möchte ich es gern kuschelig haben“, erzählt sie.
Puppen und Bilder hat sie früher einmal gesammelt, allerdings wieder abgegeben, als es zu viel wurde. Von einem bestimmten Sammelgebiet hat sie sich hingegen nicht verabschiedet: „Seit 40 Jahren sammle ich Uhren“, schildert sie. Zuerst waren es nur die Zifferblätter, „dann wurden die Uhren schöner“. Bei dem, was ihr gefällt, achtet sie auf ihr Bauchgefühl: Etwa, wenn sie eine Plastikuhr vom Flohmarkt behält, hingegen eine Weißgolduhr mit Brillanten an eine Freundin verschenkt.
Am Arm trägt sie die Stücke nicht, dazu habe sie keine Beziehung, sagt sie. Aber an der Wand hängen sie, eine neben der anderen, und sind in ihrer Vielzahl von über 2000 Stück ein echter Hingucker. Es tickt nicht in ihren Räumen, bis auf die Küchenuhr, die als Einzige läuft. „Eine brauche ich, das ist normal“, konstatiert Böckle-Wendling.
Die Zeitmesser kaufe sie meist nicht selbst, sondern bekomme sie geschenkt. „Die erste ist die einzige, die ich jemals gekauft habe“, sagt sie. Doppeltes hat sie nicht, hebt die Digital-Watch aber genauso auf wie die Uhr mit Zeigern. „Klar finde ich die mit Zeigern schöner, aber die Digitaluhren gehören trotzdem zur Familie. Also wird sie aufgehängt.“
Faible für Ästhetik
Wieso sie ausgerechnet für Uhren solch ein Faible hat, beantwortet sie mit deren Ästhetik: „Es sind Momente, schöne Erinnerungen.“ Der Begriff Pünktlichkeit ist in diesem Zusammenhang nicht das zündende Stichwort, obschon sie beruflich immer Wert darauf legte, pünktlich zu sein. „Nein, ich finde es einfach toll, wie viele unterschiedliche Uhren es gibt“, verrät sie. Die Zeitmesser gefallen ihr, „und ich freue mich, wenn andere das sehen und ’toll’ sagen“.
Böckle-Wendling ist eine kreative Frau, was aus ihrer Zeit bei den Franziskanerinnen herrührt. Denn darauf wurde im Kinderheim viel Wert gelegt. Es wurde gebastelt und den Kindern gezeigt, wie man aus einfachen Dingen einen schönen Gegenstand fertigt. Die Nonnen hätten dieses Talent aus ihr herausgelockt, „und ich habe ein Händchen dafür“. Und so gesehen gibt es auch einen Zusammenhang zu dem Thema Zeit, die immer ausgefüllt sein musste: „Dem lieben Gott nicht den Tag stehlen, rund um die Uhr beschäftigt sein.“
Rund um die Uhr
Später hat Böckle-Wendling dies ebenfalls immer beherzigt. Vier Kinder zog sie nach der Scheidung von ihrem ersten Mann alleine groß. Das bedeutete Arbeiten von früh bis spät, denn zum Amt wollte sie nicht.
Als Böckle-Wendling und ihr Mann Alain in ihre jetzige Wohnung umgezogen waren, hatte sie jede der Uhren einmal in der Hand gehabt. „Dabei fiel mir auf, dass ich zu jedem Stück eine Geschichte erzählen könnte.“ Da ist die ganz große Uhr, die die Enkel zu Weihnachten bastelten, da ist der Zeitmesser in Form eines Transistorradios, den ihr eine Freundin schenkte.