Es ist nicht der Fortschritt, der einen nachdenklich stimmt, sondern der Stillstand. Was die SPD derzeit umtreibt, vom Lokführer zum Bremser umzuschulen, ist schwer verständlich. Eines aber ist klar: Es ist freilich einfacher, die Bremsklötze zu positionieren als einen Zug zu steuern. Noch hatten sie keine Ahnung, wie das Bauwerk aussehen soll, aber schon wetterten sie am vergangenen Samstag dagegen und sammelten Unterschriften. Das ist die falsche Reihenfolge. Vorbei scheinbar die Zeiten, als die Genossen noch fortschrittsgläubig mit wehenden Fahnen gerne vorneweg marschierten. Heute profilieren sie sich als Bedenkenträger. Und sie wollen so weitermachen! So werden die Geister von gestern gerufen, die bereits in Leserbriefen die alte Mitte als die „Neue Mitte“ propagieren. Weg mit dem Zopf, kann man da nur rufen!
Da hat Bad Vilbel die Chance, ein modernes Zentrum zu bauen, das sich sehen lassen kann, doch es werden die falschen Stimmen für die falsche Sache mobilisiert. Das ist jammerschade. Bleibt zu hoffen, dass die Entscheidungsträger sich nicht beirren lassen in ihrem Glauben, dass Bad Vilbel noch schöner werden kann.
Die Mediathek auf der Nidda ist eine hinreißende Idee, die diesen Fluss ins städtische Leben einbindet, statt ihn wie bisher unbeachtet links und rechts liegen zu lassen, versteckt und funktionslos hinter Bäumen und Büschen. Gegner eines solchen Gebäudes schwärmen in Leserbriefen und in der Nähe von Brüssel mittlerweile vom Blick auf die Nidda, nur die sieht man kaum von irgendwoher. Eigentlich ist sie gar nicht da.
Dem Architekten, Prof. Angerer aus München, ist ein bestechender Entwurf gelungen, ein elegantes Glanzstück, das den Stempel des 21. Jahrhunderts trägt. Das Gebäude hat Pfiff und Charme, darin ist das Licht vermessen und damit wird die Kultur gefeiert. Diese Mediathek sollte über die Nidda gebaut werden und nirgendwo sonst hin. Sie wird dieser Stadt Flair bringen und Charme. Verhelfen wir alle dieser spannenden Idee zum Durchbruch, statt Energie dafür zu vergeuden, Steine zu sammeln, um sie gegen dieses filigrane Glashaus zu schleudern, bis es mit Getöse in die Brüche geht.
Horst Samson