Schmeichelhaft war es nicht, was Joachim Schuchardt vor ein paar Monaten durch den Kopf schoss: „Die haben ja ’ne Macke. Haben die denn sonst nichts zu tun?“, dachte sich der Pressereferent des Hessischen Turnverbands (HTV), als er hörte, dass der Sportverein Gronau eine Mitgliederbefragung durchführen will. Der Grund: Meist ist die Rücklaufquote bei derlei Aktionen dem Aufwand nicht angemessen.
Bad Vilbel. Mit Mitgliederbefragungen hat der HTV bisher schlechte Erfahrungen gemacht, erklärt Joachim Schuchardt: „Das bindet unglaublich viele Ressourcen. Und nach unseren Erfahrungswerten ist der Rücklauf eher vernichtend.“
Zumindest bis der SV Gronau kam. Der organisierte nämlich trotz der Bedenken des HTV im vergangenen November und Dezember eine solche Befragung. Und kam dabei auf eine Rücklaufquote von sechs Prozent. Eine Zahl, die sich für Laien alles andere als spektakulär anhört. In der HTV-Zentrale jedoch staunte man. „Sechs Prozent – das ist enorm“, sagt Joachim Schuchardt. Normalerweise schaffe man bei solchen Untersuchungen Rücklaufquoten von nur einem bis 1,5 Prozent, oft sogar weniger.
Interesse ist groß
Und so machte sich der HTV-Pressereferent kürzlich auf den Weg nach Gronau, um das Erfolgsrezept des Vereins zu erfahren. Nicht zum ersten Mal übrigens. Im vergangenen Juni hatte der SV Gronau eine Zukunftswerkstatt organisiert, um zu klären, wie es mit dem Verein weitergehen könnte – mit Unterstützung des HTV. Einer der Berater damals war Schuchardt. Ein Ergebnis der Zukunftswerkstatt war jene Mitgliederbefragung. Dass dabei schließlich 159 ausgefüllte Fragebögen eintrudelten, 147 online und zwölf in Papierform, überraschte auch Vereinsvorsitzenden Christian Hohensteiner, seinen Stellvertreter Rigo Umlauf und Nadine Bauer, Übungsleiterin im Kinderturnen. „Ich dachte, wenn da 50 Fragebögen kommen, dann ist das schon gut“, erinnert sich Umlauf.
Erstaunt registrierten die Vereinschefs, dass ein Drittel der Rückläufe von Nicht-Mitgliedern stammt. An der Umfrage konnten sich nämlich nicht nur die rund 500 Vereinsangehörigen beteiligen, sondern alle Gronauer. „Wir interpretieren das so, dass das Interesse im Ort groß ist am Sportverein“, sagt Christian Hohensteiner.
Auch die Antworten in den Fragebögen bescherten den Verantwortlichen manch neue Erkenntnis. Etwa, dass etliche Sportinteressierte, vor allem die über 50-Jährigen, gerne vormittags zwischen acht und zwölf Uhr aktiv sind, vor allem beim Joggen oder Walken. „Das hat uns schon überrascht“, räumt Christian Hohensteiner ein. „Für uns war immer klar: Vormittags hat keiner Zeit. Aber diese Gruppe werden wir künftig bedienen.“
Ein wichtiger Punkt sei das Angebot für Kinder und Jugendliche. Hohensteiner: „Da werden wir rangehen.“ Erste Erfolge sind bereits sichtbar. So registrierte man in der Volleyball-Abteilung fünf Neulinge. Bei Zumba sei die Teilnehmerzahl um ein Drittel gestiegen, sagt die Übungsleiterin: „Und im Kinderturnen haben wir jetzt neun neue Kinder.“ Eine Bilanz, die Joachim Schuchardt begeistert: „Das ist hochspannend, was hier läuft. So eine Vereinsentwicklung haben wir selten gesehen.“ Deswegen werde die Mitglieds-Zeitschrift des HTV demnächst über die Aktion des SV Gronau informieren.