Vor 700 Zuhörern beim Neujahrsempfang der CDU Wetterau im Dortelweiler Kulturforum stärkte Ministerpräsident Volker Bouffier der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage den Rücken und warb für seinen hessischen Weg in der Integration.
Bad Vilbel. Er hatte einige nette Botschaften im Gepäck, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier: „Die Wetterau ist das Herzstück Hessens!“ oder „Bad Vilbel ist eine Erfolgsgeschichte!“, um nur einige Beispiele zu nennen. Den größten Applaus jedoch erntete er mit einem anderen Statement: „Es gibt eine Zukunft bei uns für Flüchtlinge. Aber nur nach den Regeln, die hier gelten! Wer andere Grundregeln habe, muss dorthin gehen, wo es sie gibt.“ Dieses allgegenwärtige Thema prägte auch die Rede von Bouffier. Und er stellte sich in dieser unionsintern umstrittenen Frage eindeutig hinter die vielgescholtene Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Eine Obergrenze für Flüchtlinge löst nichts, weil eine Zahl nichts über die Bildung und den kulturellen Hintergrund der Einreisenden aussagt.“
Volker Bouffier verdeutlichte jedoch auch, dass die Flüchtlingszahlen sinken müssten: „Auch unsere Fähigkeiten sind begrenzt.“ Hessen allein habe schließlich im letzten Jahr 80 000 Flüchtlinge aufgenommen, mehr als Frankreich und Großbritannien. „In unserem Land steckt Kraft und Bereitschaft, sich zu engagieren. Mein besonderer Dank geht an alle ehrenamtlichen Helfer“, lobte Bouffier.
Mit Stolz verkündete der Ministerpräsident auch, dass seine Landesregierung im November – also vor den Vorkommnissen in der Silvesternacht – ein 1,3 Milliarden Euro schweres Aktionsprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen und zum Zusammenhalt der Gesellschaft aufgelegt habe. „Damit stärken wir die Integration von Beginn an, zum Beispiel durch frühzeitigen Sprachunterricht“, betonte Bouffier. Außerdem beinhalte das Programm 20 Millionen für neue Kitas sowie 800 zusätzliche Lehrerstellen und 400 neue Jobs bei der Polizei. „Wir sind da aber Opfer unseres eigenen Erfolgs, darüber wird zu wenig berichtet“, monierte Bouffier. Der hessische Regierungschef nutzte auch die Gelegenheit, um auf das Jahr 2015 zurückzublicken. Es sei ein „Erfolgsjahr“ gewesen. Noch nie hätten so viele Menschen in Deutschland in Lohn und Brot gestanden – und er zog einen Vergleich zu Italien, wo viele jüngere Menschen arbeitslos seien. „Uns ging es 2015 so gut wie noch nie!“ sagte der Ministerpräsident und forderte nach einer eher spärlichen Beifallsbekundung: „Eigentlich müsste jetzt ein donnernder Applaus kommen.“ Aber auch der zweite Anlauf ließ zu wünschen übrig. Deutlich mehr Beifall gab es, als er das Publikum aufforderte, Protestparteien bei der Kommunalwahl zu meiden. Ohne die AfD oder die Linke namentlich zu nennen, ging er mit den Parteien an den Rändern des politischen Spektrums hart ins Gericht: „Sie haben gerade bei den kommunalen Fragen keine Lösungen, sondern säenur Hass und spalten das Land.“ Für die Kommunalwahl Bad Vilbel warb er für eine Wiederwahl von Bürgermeister Thomas Stöhr und seiner Partei: „Damit die Stadt auf Erfolgskurs bleibt, erwarte ich hier ein klares Ergebnis.“
Stöhr selbst hatte vor der Veranstaltung jeden Besucher mit Handschlag begrüßt und ein gutes neues Jahr gewünscht. Auf dem Podium versagte dem erkälteten Stöhr die Stimme, obwohl ihm die Fraktionsvorsitzende Irene Utter sogleich ein Glas Wasser ans Rednerpult brachte. Auch mit „Frosch im Hals“ zog er eine positive Bad Vilbeler Bilanz – angefangen von der Neuen Mitte bis hin zu den Burgfestspielen. Und er appellierte – ebenso wie Lucia Puttrich, Vorsitzende der Wetterauer CDU, und der Vilbeler CDU-Chef Tobias Utter – ans Publikum, am 6. März die Vilbeler „Blütezeit“ zu verlängern: „Es ist eben nicht beliebig, wer die Geschicke der Stadt lenkt.“ Diese Feststellung hörten vielleicht nicht alle im Publikum gerne: denn neben den CDU-Vertretern, FDP-Politiker Jörg-Uwe Hahn und dem katholischen Pfarrer Herbert Jung waren auch einige Bad Vilbeler Oppositionspolitiker zu Gast bei den Christdemokraten.