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Mut-Tour per Tandem

Aktionsprogramm auf Rädern zur Entstigmatisierung der Depression

Offen über Depression sprechen zu können und sich nicht verstecken zu müssen, ist eine wichtige Basis für die Gesundung Betroffener und erleichtert Nicht-Betroffenen den Umgang mit der Erkrankung, werben die sechs Tandemradler vor dem Redaktionsgebäude in der Quellenstadt. Foto: Samson
Offen über Depression sprechen zu können und sich nicht verstecken zu müssen, ist eine wichtige Basis für die Gesundung Betroffener und erleichtert Nicht-Betroffenen den Umgang mit der Erkrankung, werben die sechs Tandemradler vor dem Redaktionsgebäude in der Quellenstadt. Foto: Samson

Mit drei schwer bepackten Tandems radeln sie auf einer „Mut-Tour“ von Münster nach Mainz und kamen am Dienstag, 12. Juli, unterwegs von Friedberg nach Bad Homburg auf einen Abstecher auf ihrem Weg auch in der Redaktion vorbei.

 

Bad Vilbel. Die drei braungebrannten und sportlichen Frauen und die drei Männer haben dabei nicht nur den Radsport als physischen Ausgleich für stress- und depressionsgeplagte Menschen im Blickfeld. Nein, es geht ihnen um mehr, um Aufklärung, Offenheit und Verständnis für eine der hinterhältigen Krankheiten unserer Zeit, die Depression.

Die Mut-Tour ist Deutschlands erstes Aktionsprogramm auf Rädern, das seit 2012 durch die Landen rollt, soll effektiv zur Entstigmatisierung der Krankheit Depression beitragen. Bis dato radelten 102 Depressionserfahrene und -unerfahrene Menschen in 23 Etappen rund 14 000 km durch die gesamte Republik. Bei den alle zwei Jahre stattfindenden großen Mut-Touren gibt es in vielen Städten Infostand- und Mitfahr-Aktionen, an denen lokale Vereine und Institutionen aus den Bereichen Psychosoziales und Fahrrad ihre Angebote präsentieren. Fast 1500 ermutigende Veröffentlichungen zum Thema Depression sind bislang erreicht.

Die bemerkenswerte Kampagne findet auch Fürsprache bei Prominenten, wie Willi Lemke und Harald Schmidt. Ziel sei es, den theoretischen Leitsatz „Raus aus der Tabuzone!“ in Wirklichkeit umzusetzen.

Die Mut-Tour eröffnet zugleich neue Wege in der Gesundheitsprävention, betonen die Tandemradler. Die Teilnehmer erleben dabei, wie leistungsdruckfreier Sport, Struktur, Natur und Gemeinschaft die Stimmung (englisch Mood) heben kann. Ihre positiven Erfahrungen tragen sie kenntnisreich und sympathisch zugleich nach außen, suchen überall auf ihren Stationen das Gespräch und werben dabei um Verständnis für das Phänomen Depression und für offenen Umgang mit einer Erkrankung, die sich oft im Graubereich der Öffentlichkeit abspielt und mitunter tödliche Folgen hat. Sie nehmen mutig das „D-Wort“ in den Mund, leben den Menschen auf der Straße ihren unverkrampften Umgang mit der Krankheit vor, möchten Ängste und Vorurteile abbauen, erklären sie unisono. Die Tour sei ein öffentlicher Mut-Macher, um „frei über eine Erkrankung zu reden, die mehr Tote fordert als der Straßenverkehr und häufiger zur vorzeitigen Berentung führt als Rückenleiden“. 4,5 Millionen Deutsche leiden unter Depression, eine Zahl, die aufhorchen lässt.

Für das Gruppenfoto zücken sie dann plötzlich einen Smiley aus der Fahrradtasche. Den hält abwechselnd einer der Tandemradler vor sein Gesicht. Der Smiley soll nicht nur für bessere Stimmung sorgen und fröhliche Zuversicht als Bildbotschaft vermitteln, sondern „damit wollen wir alle Betroffenen repräsentieren, die es sich nicht erlauben können, ihre Depression öffentlich zu machen“ wegen beruflicher Benachteiligung oder Mobbing. Der Smiley als Repräsentant für die Anderen verweise auch auf ein Fassadenphänomen, denn auch wer lacht, könne dennoch von Depression betroffen sein, erklären sie vor dem Redaktionsgebäude im Rosengarten.

Die andere schöne Facette an der Mut-Tour ist, sie wirbt für Solidarität mit den Betroffenen. Man kann nämlich auch Freund werden. Unter www.facebook/MoodTour kan man sich bei Facebook der Kampagne anschließen, ein Zeichen setzen oder einfach aktuelle Reisefotos der Tour ansehen.

Mehr Infos und Bilder auf der Homepage www.mut-tour.de.

Wer hilft bei Depression?


Für Betroffene gibt es bundesweite Anlaufstellen, so die Telefonseelsorge: (0800) 1110111, das Seelefon: (01805) 950951 (www.depressionsliga.de) sowie das Info-Telefon Depression: (0800) 3344533 (http://www.deutsche-depressionshilfe.de). Beistand und Hilfe finden Betroffene und Angehörige auch in Foren: http://www.diskussionsforum-depression.de oder www.fideo.de (für junge Menschen).

Aber auch regionale Kontaktstellen gibt es in Friedberg, wo man Hilfe, Rat und Unterstützung bekommen kann: Angehörigengruppe von psychisch Kranken, Saarstr. 55, 61169 Friedberg, Ansprechpartner: Eckhard Sandrock, E-Mail: info@diakonie-wetterau.de, Telefon (06031) 72520 oder (06007) 7663; Selbsthilfe Kontaktstelle, Fachstelle Zentrale Aufgaben, Medizinalaufsicht und Prävention, Friedberg, Europaplatz Gebäude B, Ansprechpartnerin: Anette Obleser, Tel. (06031) 83-2345; Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Friedberg, Johann-Peter-Schäfer Str. 3, Ansprechpartnerin: Marina Schnarr, Tel. (06031) 89-4319; salus klinik Friedberg, Warthfeldsiedlung 3 , Ansprechpartner: Sven-Uwe Bange, E- Mail: mail@salus-friedberg.de, Telefon (06031) 7121–0; oder die Psychosoziale Beratung des Diakonischen Werks Wetterau, Saarstr. 55 in Friedberg, Telefon (06033) 96669-0. (sam)