Bad Vilbel. Strahlende Gesichter beim traditionellen Neujahrsempfang der CDU. Über 600 Besucher kamen, um die Rede des Journalisten, Buchautoren und Publizisten Dr. Hugo Müller-Vogg zu hören und mit den brunnenstädtischen Christdemokraten auf ein erfolgreiches Jahr anzustoßen. Zusammen mit Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr begrüßte CDU-Vorsitzender Klaus Minkel die in Scharen zu den Klängen der Stadtkapelle herbeiströmenden Gäste, darunter Hessens Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU), Jörg-Uwe Hahn, hessischer FDP-Chef, Vize-Landrat Oswin Veith und Vilbels Stadtverordnetenvorsteher Manfred Cleve. Die Goethe-Universität Frankfurt wurde durch ihren Kanzler, den Bad Vilbeler Bürger Hans Georg Mockel, vertreten. Präsent waren Schulleiter, Vereinsvorstände, Vertreter der Wirtschaft, Kultur und des Sports. Das Gros der Gäste bildeten interessierte Bürger.
Mit Blick auf den bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber bekräftigte Klaus Minkel seine Ankündigung, nach zwölf Jahren in führender Position nicht mehr zur Wiederwahl als Vorsitzender der CDU Bad Vilbel zur Verfügung zu stehen. Seit 1977 habe die CDU bei allen Kommunalwahlen das Vertrauen der Bürger und er das seiner Partei und der Fraktion gewonnen. „Mehrheitsfähig ist man nur dann, wenn man an alle in der Stadt denkt und nicht nur an einzelne“, gab er seinen Parteifreunden mit auf den Weg. Die Bürger bat er darum, das Vertrauen, das sie ihm gegeben hätten, auch seinen Nachfolgern und Bürgermeister Thomas Stöhr zu geben. Denn so führte Minkel an: „Ohne Mehrheit kann man nicht entscheiden, ohne Mehrheit hat man verloren.“ Der Parteichef gab sich diesmal ungewohnt moderat, und übergab das Wort dem Gastredner des Abends, Dr. Hugo Müller-Vogg, ehemaliger Mitherausgeber der FAZ, der unter anderem für „Bild“ und „Welt am Sonntag“ schreibt.
Eine geschwächte CSU, die für konservative Politik stehe, sei schlecht für die CDU und die Bundespolitik, sagte er. „Nun ist aber, meine Damen und Herren, nichts mehr so, wie es war. Vieles hat sich verändert. Früher war die Welt einfach. Da gab es Kapitalismus und Sozialismus, dann die New Economy. Heute haben wir die Marienkäfer-Economy, was heißt, viel Rot mit ein paar schwarzen Punkten’ oder ,Du hast zwei Kühe’. Wenn du die fütterst und die Milch verkaufst, will der Staat einen Anteil von 40 % und ansonsten lässt er dich halbwegs in Ruhe. Wenn du die Kühe eingehen lässt und die Beine hochlegst, belohnt dich der Staat mit Harz IV. Wehe aber, du strengst Dich richtig an, pflegst die Herde, züchtest, vergrößerst sie, und machst gute Geschäfte – dann schlägt der Staat hart zu, gängelt bürokratisch, bestraft mit der Reichensteuer und dem Antidiskriminierungsgesetz“. Es sei eine paradoxe Situation, wenn sich der Staat mehr um die kümmere, „die von den Leistungen anderer leben, als die, die den Sozialstaat finanzieren.“ Dies bedeute jedoch nicht, dass die Gesellschaft nicht weiterhin Verantwortung zu übernehmen hätte für die, die nicht arbeiten können. Aber man müsse auch sehen, dass so lange wir bei 4,3 Millionen Arbeitslosen 30000 Erntehelfer aus anderen Ländern benötigten, so lange sei etwas faul im Staate Deutschland. „Nicht jeder, der arbeitslos ist, kann schwere körperliche Arbeiten verrichten. Aber ein Großteil sagt sich einfach, warum die soziale Hängematte verlassen, wenn es sich da drin bequem und schön schaukeln lässt?“
Für Müller-Vogg ist Harz IV das Paradebeispiel für fehlgeschlagene Reformen. Die große Koalition beurteilt er als „Koalition des kleinsten Nenners“. Ihr einziges Ziel sei es, das beste aus der Situation zu machen. Anhand des Alphabets analysierte er die Lage von A wie Außenpolitik über G wie Gesundheitsreform bis Z wie Zukunft auf. Dabei sparte er nicht an Kritik an Politikern aller Parteien, forderte mehr Profil und Wahrhaftigkeit ein. Bei vielen sei der Wille zum Regieren stärker ausgeprägt als der Wille zur Glaubwürdigkeit. „SPD und CDU verhalten sich wie zwei Fußballmannschaften, die auf ihr Rückspiel in 2009 warten.“ Zurzeit laufe die Konjunktur gut, darum habe die Regierung eine Kommission eingesetzt, die herausfinden solle warum. Ein Beispiel für den Werteverlust sei das Elterngeld: „Staatsknete für mütterliche Väter, da fragt man sich, wo die Werte geblieben sind.“ Dies sei das erste Gesetz, bei dem sich der Staat in die Familie einmische. Bei der „Gesundheitsreform“, es sei das Unwort des Jahres (!), wünscht sich Dr. Müller-Vogg ein mit der Teil- und Vollkasko vergleichbares Beitragssystem. Von seinen Zuhörern verabschiedete er sich mit Zitaten zur Zukunft wie dem von Victor Hugo: „Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare. Für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte. Für die Tapferen ist sie die Chance.“