Bad Vilbel. Zu einem „mittlerweile einzigartigen Biotop“ hat sich das Gelände des ehemaligen Schießplatzes im Bad Vilbeler Stadtwald entwickelt. Davon ist Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) überzeugt. Das 10,7 Hektar große Gelände ist eine durch Bäume abgeschlossene Lichtung am Feldrain. Trockenflächen und Feuchtbiotope schaffen dort Raum für gezählte 195 Pflanzenarten, davon 14, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. Weiterhin wurden dort 28 Vogelarten, 28 Schmetterlingsarten, 15 Heuschreckenarten, 17 Libellenarten, 56 Laufkäferarten und 22 Wildbienenarten gezählt. Wie im Stadtwald tummeln sich dort auch Rehe und Dachse.
Bis diese Tierarten jedoch am Rande des Stadtwaldes heimisch werden konnten, musste viel Geld und viel Blei in die Hand genommen werden. 630 000 Euro kostete die Sanierung des Übungsareals von 2001 bis 2004. Dabei mussten Bleireste zum Teil per Hand zwischen den Bäumen auf 30 Zentimeter Tiefe ausgegraben werden, berichtet Albrecht Kliem, Leiter des Liegenschaftsamtes. Außerdem wurden neun Amphibiengewässer angelegt.
Auf dem städtischen Grundstück legte die Deutsche Wehrmacht 1936 einen Schießplatz an, der von 1938 an militärisch genutzt wurde. Es gab Schießstände für Pistolen und Gewehre. Auf der Osthälfte der Fläche wurde Erde abgetragen, auf der Westseite als Wall aufgeschüttet.
Die zahlreichen Tümpel entstanden durch die Fahrspuren der schweren Militärfahrzeuge. Wegen des Schießbetriebs blieben die Wiesen 60 Jahre lang von landwirtschaftlicher Nutzung und Dünger frei. Nur Schafe grasten dort kurz. Kettenfahrzeuge rissen die Bodendecke immer wieder auf. Nach dem Krieg trainierten dort bis Mitte der 90er Jahre die US-Streitkräfte. 1994 wurde das Gelände an die Stadt zurückgegeben. Sie hat sich freiwillig zu einem auf zehn Jahre angelegten Pflegeplan mit 40 Einzelmaßnahmen verpflichtet, mit dem vor allem die Verbuschung der Lichtung verhindert werden soll. 7 500 Euro werden einer Gartenbaufirma jährlich dafür bezahlt.
Für die Renaturierung erhalte die Stadt in zehn Jahren 870 000 Öko-Punkte, erläutert Kliem. Das sei wie ein Giro-Konto, das für künftige Baugebiete als Ausgleich herangezogen werden könne. Weil das Schießplatz-Gelände bereits der Stadt gehöre, könne auf die Ausweisung als Naturschutzgebiet verzichtet werden. Ein Naturschutzgebiet hätte Einschränkungen für Besucher gebracht, so Kliem. So gibt es jetzt einen durchgehenden Weg. Dicke Baumstämme sollen Mountainbiker und andere Freizeit-Aktivisten abhalten. Außerdem ist es verboten, Pflanzen zu pflücken. Wie im übrigen Stadtwald gilt für Hunde Leinenzwang, auch Campieren ist verboten.