Gegen »erdrückenden Koalitionszwang« – Bernd Hielscher: Entscheidung gibt Rätsel auf
Bad Vilbel. Der Stadtverordnete Michael Wolf hat mit sofortiger Wirkung die SPD-Fraktion im Bad Vilbeler Stadtparlament verlassen. Die Gründe dafür seien vielfältig, schreibt er in einer Pressemitteilung. »Ich bezweifle, dass die SPD Bad Vilbel – Fraktion wie Vorstand – in ihrer derzeitigen Verfassung in der Lage ist, wichtige sozialdemokratische Themen für die Stadt in der Koalition mit einer übermächtigen CDU umzusetzen«.
Michael Wolf war erst im November als Nachrücker in die Stadtverordnetenversammlung eingezogen – hatte aber bereits einige Monate zuvor auf sich aufmerksam gemacht. Die schwarz-rote Koalition war Ende April keine zwei Wochen alt, da gab Wolf gemeinsam mit Beate Bender bekannt, ihre Mandate im Ortsbeirat in Dortelweil nicht annehmen zu wollen. Der Grund: Der Koalitionsvertrag gilt auch für die Ortsbeirate. Beide sahen keine Grundlage für ihre Arbeit, wollten aber die SPD im Stadtteil »nicht schwächen«.
Die Chance als Nachrücker im Stadtparlament wollte Wolf dennoch nutzen, um zu sehen, wie die Arbeit läuft. »Die Koalition stand ein halbes Jahr. Das war natürlich eine Frage, die ich mir gestellt habe.« Michael Wolf hat an einer Stadtverordnetenversammlung teilgenommen, eine fand aufgrund der Auflagen im kleineren Rahmen statt. Ein Fazit zieht er dennoch: »Ich frage mich, wann eigene Themen kommen? Das ist mir von der SPD zu wenig und zu nah am Politikstil der CDU der vergangenen 40 Jahre.«
Fraktionsloser Verordneter
Wolf wolle sich bemühen, als »freier« Stadtverordneter sozialdemokratische Themen unabhängig von einem, wie er findet, »erdrückenden Koalitionszwang« in die Diskussion zu bringen. »Das SPD-Wahlprogramm ist gut. Ich bin gespannt, wie sich inhaltlich zu meinen Anträgen und damit auch zu eigenen Forderungen verhalten wird.«
Im Gegensatz zur Ablehnung des Mandates in Dortelweil bleibt Wolf allerdings im Stadtparlament. Die SPD-Fraktion zählt damit nur noch sieben anstatt acht Sitze. »Die Koalition kann weiter arbeiten. Wäre das nicht gegeben gewesen, dann hätte ich mir das auch überlegt.« Was die Situation im Ortsbeirat Dortelweil betraf, so hätte die SPD bei einem Verbleib von ihm in dem Gremium dann keine Sitze mehr gehabt. »Das wäre nicht fair gewesen. Ich will keine Arbeit verhindern, sondern eigene Anträge einbringen.«
Bad Vilbels SPD-Vorsitzender Bernd Hielscher teilt auf Anfrage mit: »Zu unserer Überraschung hatte Michael Wolf im Herbst das Mandat als Nachrücker ins Stadtparlament angenommen. Er hat damals signalisiert, dass er seine Mitarbeit prüfen müsse und schauen wolle, wie die Zusammenarbeit in der Koalition laufe, er aber bereit sei, unter den geltenden Vereinbarungen in der Fraktion zu arbeiten.« Michael Wolf habe in den vergangenen Wochen an mehreren Fraktionssitzungen teilgenommen, aber an keiner Sitzung des Koalitionsausschusses. »Mir und den Kollegen ist kein Vorstoß von Michael Wolf in Erinnerung, bestimmte Themen des Wahlprogramms oder des Koalitionsvertrags als Antrag vorzubereiten. Seine Erklärung zum Austritt aus der Fraktion hat uns vollkommen unvorbereitet getroffen.«
In den vergangenen Wochen sei man intensiv mit dem Bürgermeisterwahlkampf beschäftigt gewesen. »Es gab weder für mich, noch für unsere Fraktionsvorsitzende Mirjam Fuhrmann Anzeichen, die uns dazu gebracht hätten, sich nach etwaigen Befindlichkeiten zu erkundigen. Vielmehr sind wir davon ausgegangen, dass Michael sich im Rahmen der Fraktionssitzungen erklärt, wenn ihn etwas stört. Wir sind auch davon ausgegangen, dass er sich etwas mehr Zeit mit seiner Prüfung lässt, mindestens ein halbes Jahr wäre wohl angemessen gewesen.« Es gebe Rätsel auf, aus welchen SPD-Positionen zur Bad Vilbeler Kommunalpolitik Michael Wolf bereits schließen könne, »dass wir in den noch mehr als vier vor uns liegenden Jahren unsere Positionen aus Wahlprogramm und Koalitionsvertrag nicht umsetzen können«. (wpa)