Wie sieht das Arbeiten in einem typischen Männerberuf aus? Diese Frage wird am Girls’ Day vielen Mädchen im Alter zwischen elf und 15 Jahren ausführlich beantwortet. 20 von ihnen haben an dem Tag Gelegenheit, in den Produktionsstandort Continental Automotive Karben hineinzuschnuppern. Neben einem Rundgang durch die Produktion dürfen sie sich auch selbst einmal im Löten probieren.
Karben. Hoch konzentriert beugt sich Laura über die Platine. In der linken Hand hält die Elfjährige einen Zinn-Draht, in der rechten einen Lötkolben. Sie setzt den Draht auf die Platine und hält den Kolben daran, der das Metall zu einem kleinen Punkt schmilzt. Danach reinigt Laura den Kolben, legt das Zinn zur Seite, nimmt die Pinzette und platziert eine kleine Platte auf die eben gesetzte Lötstelle, die sie wiederum verlötet.
„Zuerst war das schon ein bisschen schwer“, sagt Laura, „aber jetzt geht es.“ Die Usingerin nimmt mit ihrer Freundin Lauredana zum ersten Mal am Girls’ Day teil. Beide Väter arbeiten als Industriemechaniker bei Continental.
Für den Tag hat sich Ausbilder Hermann-Reinhold Diehl einiges einfallen lassen. Nach dem Lötkursus dürfen die Mädchen beim Projekt Elektro ein „Happy Face“ anfertigen. Es handelt sich dabei um eine kleine, runde Platine, die nach dem Löten wie ein kleiner Smiley aussieht – mit roten LED-Augen. „Im Projekt Metall können sie dann eine Luftgitarre zusammenbauen. Wenn sie dann durch das Mundstück blasen, leuchten auf der Gitarre kleine Lichter auf“, erklärt Diehl. Somit erhalten die 20 Mädchen Einblick in die Bereiche Elektrik, Mechanik und Mechatronik, die zu den Ausbildungsbereichen bei Continental gehören.
Die Firma bietet den Girls’ Day seit 15 Jahren an. „Ich habe die Idee hier miteingebracht, weil ich gerade selbst Mädchen in dem Alter hatte“, sagt Diehl. Zu den ersten Mädchen damals gehörte auch Inken Kestler. Sie ist Auszubildende im dritten Lehrjahr und will im Sommer vorzeitig ihre Prüfung ablegen. „Ich habe mich für Mechatronik entschieden, weil der Bereich nicht so einseitig ist. Man lötet, programmiert und baut. Ich stelle etwas selbst her, was dann funktioniert, das ist toll“, sagt die 21-Jährige. Nach der Ausbildung will sie studieren, auch wenn sie Aussicht auf eine Anstellung bei Continental hätte. Kestler hat selbst einst an vier Girls’ Days teilgenommen, der letzte bei Lufthansa-Technik. „Ich habe schon früher immer gerne mit meinem Vater gebastelt.“
Die Männer im Griff
Für die Mädchen hat sie einen Tipp: „Man darf sich in einer Männerdomäne nicht unterkriegen lassen. Die sind alle nicht so böse, als Frau hat man die gut im Griff.“
Für die Mädchen steht an diesem Tag auch ein Rundgang durch die Produktion an. Aufgeteilt in zwei Gruppen, können sie sehen, wie Platinen für Bedien- und Steuergeräte in Autos hergestellt werden. Dazu gehören etwa das Element, in das der Tacho, der Drehzahlmesser und die Klimaanlage eingebaut werden. Die Herstellung erfolgt zumeist vollautomatisch mit Robotern. „Es gibt aber auch Bereiche, in denen noch von Hand gearbeitet und kontrolliert wird“, sagt Kestler.
Die Führung übernimmt Ausbilder Frank Seidenthal. Doch bevor die Mädchen überhaupt in den sensiblen Bereich dürfen, müssen sie sich einen Kittel anziehen und spezielle Bänder an den Schuhen befestigen. „Das verhindert eine elektrostatische Aufladung. Damit soll vermieden werden, dass die Platinen beschädigt werden könnten“, erklärt er.
Auf dem Weg kommt die Gruppe an einem so genannten Reinraum vorbei. Dort wird ein elektronischer Chip für Hybridfahrzeuge hergestellt. Weil der so sensibel ist, müssen die Mitarbeiter spezielle Anzüge, Mützen und Handschuhe tragen. „Die Luft wird extra gefiltert, um Unreinheiten zu vermeiden“, erzählt Seidenthal. In mehreren Produktionsabschnitten sehen die Mädchen, wie die Platinen ihren Weg bis zum Versand gehen.
Laura und Lauredana könnten sich schon vorstellen, später beruflich in diese Richtung zu gehen. Aber so richtig Gedanken haben sich die beiden noch nicht gemacht. Aber dafür haben sie ja auch noch ein bisschen Zeit.