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Leidenschaft und Lampenfieber

Zu kaum einem Beruf gehören Prüfungen so selbstverständlich dazu wie zur Schauspielerei. Markus Maria Düllmann und Veronika Hörmann sind bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel unter anderem im Musical »Tootsie« zu sehen und erzählen, wie sie mit dem Druck umgehen. Foto: Soemer
Zu kaum einem Beruf gehören Prüfungen so selbstverständlich dazu wie zur Schauspielerei. Markus Maria Düllmann und Veronika Hörmann sind bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel unter anderem im Musical »Tootsie« zu sehen und erzählen, wie sie mit dem Druck umgehen. Foto: Soemer

Bad Vilbel. Häufige Vorsprechen, wechselndes Publikum und immer neue Kritiken – wie Veronika Hörmann und Markus Maria Düllmann es schaffen, sich trotzdem treu zu bleiben, und warum das in ihrem Job so wichtig ist, erzählen die Darsteller im Gespräch.
Vorbereitung ist das A und O«, sagt Markus Maria Düllmann zu Vorsprechen. Für ihn ist es am wichtigsten, bei einem Vorsingen sein Bestes zu geben – wichtiger noch, als den Job am Ende zu bekommen, erzählt er. Nicht jeder eigne sich für jede Rolle. Aber der gute Eindruck bleibe. Den Text und die Figur zu kennen, bedeute allerdings nicht, sich in der Rolle zu verlieren, sagt Veronika Hörmann, die mit dem Darsteller gemeinsam in den Musicals »Tootsie« und »My Fair Lady« bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel auf der Bühne steht.
Das sei gerade bei Vorsprechen oft nicht einfach, da sie die Fachleute von sich überzeugen wollten. »Doch eine aufgesetzte Maske fällt der Jury sofort auf«, sagt die gebürtige Bayerin. Auch Düllmann habe früher gedacht, er müsse eine Rolle spielen und jemand ganz anderes sein. Aber das wirke oft künstlich, sagt er. Eine Rolle spielen und dabei man selbst bleiben – ist das kein Widerspruch? Hörmann erklärt es so: »Man kann keine Rolle spielen, die man nicht ein Stück weit selbst ist.« Jeder Mensch habe gute und schlechte Seiten und eine Bandbreite an Emotionen. Sie nennt ein extremes, aber im Schauspiel häufiges Thema. »Angenommen, ich spiele eine Mörderin. Ich habe noch nie jemanden umgebracht, aber ich weiß, wie es ist, jemanden nicht zu mögen. Und dieses Gefühl kann ich dann in meiner Fantasie weiterspinnen.« Ihr Kollege ergänzt: »In der Ausbildung lernst du auch, diese Emotionen in dir selbst zu sehen und aus dir selbst zu schöpfen.«
Trotz langjähriger Erfahrung lasse den Musical-Darsteller, der auch schon für »Der König der Löwen« in Hamburg auf der Bühne stand, die Aufregung vor Vorsprechen nie ganz los. Ebenso geht es auch seiner Kollegin: »Mir fällt das Vorsprechen am schwersten, wenn ich die Rolle wirklich will«, sagt sie. Dann sei sie noch angespannter. Ein wenig Lockerheit tue der Stimme gut, und die Jury würde einem einen kleinen Patzer oft verzeihen, wenn man selbst darüber lachen könne, sagt Düllmann, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist.
Für diesen Sommer hatte sie schon fast nicht mehr mit einer Anstellung gerechnet, erzählt Hörmann. Da sei ein Angebot zu »Tootsie« reingekommen. »Ich habe mir die Musik angehört und mochte den Stil.« Da sie alternativ einen Urlaub im Blick gehabt habe, sei die Musical-Darstellerin das Vorsprechen mit dem nötigen Respekt, aber ansonsten entspannt angegangen. Und tatsächlich merkte sie der Jury an, dass da was gehen könnte. »Dann bin ich immer selbstsicherer geworden.« Und auch die Tanz-Choreografie, die am selben Tag geprobt wurde, klappte – sodass sie sich am Ende über eine Hauptrolle freuen konnte.
Für Düllmann ging das Vorsprechen bereits im letzten Jahr gut aus. Dieses Jahr ist er an der Burg die zweite Saison als Henry Higgins in »My Fair Lady« zu sehen. Eine interessante Sprache und komplexe Beziehungen reizten ihn an dem Stück. Aber egal wie gut jemand auf der Bühne sei, jeder Darsteller erlebe auch Phasen, in denen es nicht so gut laufe. In denen es kein Jobangebot gebe oder die Vereinbarkeit mit Familie und Freunden besonders schwerfalle. Deshalb sei der Beruf des Schauspielers nur mit viel Leidenschaft zu machen.
Eine Agentur könne einem bei der Jobsuche helfen. Sie sei gut vernetzt und könnte individuell arbeiten, erklärt Düllmann. Aber sie koste auch entsprechend Geld. Er selbst sei aktuell nur bei der Agentur für Arbeit. Tatsächlich gebe es dort eine eigene Jobbörse für Schauspieler. »Ich bin seit etwas über einem Jahr in einer Agentur und bin damit sehr glücklich«, sagt hingegen Hörmann. Aber sie ist auch der Meinung, dass das Wesentliche über das Arbeitsamt abgedeckt wird.
Eine der schönsten Seiten des Vorsprechens sei für die beiden, frühere Kolleginnen und Kollegen wiederzusehen. »Gerade im Sommer arbeiten wir oft mehrere Monate intensiv in einem Ensemble zusammen, und dann ist das von einem Tag auf den anderen vorbei«, sagt die Darstellerin. So wird der Wettstreit um Rollen gleichzeitig zum Wiedersehen mit Freunden. (cos)