Weniger Europa? Nein, viele Menschen in Karben und in Saint-Égrève in Südwestfrankreich wünschen sich mehr Europa. Denn sie leben es seit 40 Jahren in einer Städtepartnerschaft. Die erlebt einen Zuspruch wie seit langem nicht.
Karben. Erst seit wenigen Tagen ist Muriel Menzel wieder zu Hause in Rendel. Doch begeistert ist sie noch immer. „Die Reise hat allen viel Freude gemacht, sowohl denjenigen, die schon länger dabei sind wie auch den neu Hinzugekommenen“. An einem verlängerten Wochenende hat eine rund 60-köpfige Reisegruppe aus Karben die Partnerstadt Saint-Égrève bei Grenoble besucht.
Nach der Rückkehr zieht die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins eine positive Bilanz. Die Reise war eine besondere: Während ihr wurde das 40-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft gefeiert. Menzel ist Vorsitzende des jungen Vereins, der in Karben die Städtepartnerschaften fördert. Es war das erste Mal, dass der Verein eine solche Reise auf die Beine stellte.
Große Nachfrage
Zuvor hatten Mitarbeiter der Stadtverwaltung die Reisen organisiert. Nun nehmen sich die Karbener die Franzosen als Beispiel: „In Frankreich hat sich von Anfang an ein Verschwisterungskomitee, das Comité de Jumelage, darum gekümmert“, erklärt Menzel. Und die Organisatoren wurden förmlich überrannt: Es gab eine Warteliste und längst nicht alle Interessenten konnten mitfahren. Die große Resonanz werten Menzel und Bürgermeister Guido Rahn (CDU) als Bestätigung für die Vereinsgründung.
Den rund 60 Teilnehmern – unterwegs im Bus und einigen Privatautos – wurden von den französischen Gastgebern unterhaltsame Tage mit einem bunten Programm geboten. Sie waren in Gastfamilien untergebracht und zwischen den einzelnen Programmpunkten gab es reichlich Gelegenheit, sich auszutauschen.
„Wir haben gemeinsam mit Bürgermeister Guido Rahn bei Michel Telmon gewohnt“, erzählt Muriel Menzel. Telmon sei schon bei ihr in Karben zu Gast gewesen. Menzel macht seit rund zehn Jahren bei den Städtepartnerschaften mit.
Bei Ankunft am Abend des Himmelfahrtstages habe es gleich einen kleinen Empfang samt Aperitif gegeben. „Ein kleiner Frauenchor hat uns ein Ständchen gesungen“, erzählt Muriel Menzel.
Tags darauf unternahmen Gastgeber und Gäste einen gemeinsamen Ausflug nach Chamonix in die französischen Hochalpen. Am Samstag fand der offizielle Empfang statt, an dem auch eine kleine Delegation der zweiten französischen Karbener Partnerstadt Ramonville Saint-Agne nahe Toulouse teilnahm. Unter den Gästen waren neben Rahn auch Catherine Kamowski, Bürgermeisterin von Saint-Égrève (parteilos), Christophe Lubac, Bürgermeister von Ramonville Saint-Agne (Sozialist), sowie Bernard Monnier, der Vorsitzende des Comité de Jumelage. Der Abend klang beim Tanzen aus. Am Vormittag hatten die Karbener Gäste anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft einen Baum als Geschenk gepflanzt. Der Partnerschaftsverein ergänzte das Geschenk um eine Sitzbank, im Bus mitgebracht.
Mit Händen reden
Für Muriel Menzel ist die Reise kein pures Vergnügen, sondern auch mit Anstrengung verbunden: In vielen Situationen ist sie als Übersetzerin gefragt. Die Rendelerin ist in Paris geboren und aufgewachsen und beherrscht beide Sprachen. In ihrer Rede dankt Muriel ihrem Team für die Organisation und jenen, die sich in früheren Jahren für die Städtepartnerschaft einsetzten. Doch selbst nach der erfolgreichen Reise kann sie sich nicht ausruhen.
„Ich bin dabei, den Besuch der Gäste aus Ramonville Saint-Agne zu planen“, erzählt sie. Dieser ist für den Herbst geplant, der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. In genau einem Jahr werden dann Gäste aus Saint-Égrève in Karben erwartet. Auch sie sollen in Gastfamilien untergebracht werden.
Die Verständigung zwischen Franzosen und Deutschen habe gut geklappt, obwohl längst nicht alle beide Sprachen sprechen. „In solchen Fällen haben sie sich entweder auf Englisch oder mit Händen und Füßen unterhalten“, weiß Menzel und schmunzelt.
„Ich hoffe, dass ich in zehn Jahren anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft auf dieser Bank sitzen und mich ausruhen kann“, hatte Muriel Menzel bei der Übergabe gesagt.